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Seit jener Stund’ hat mich die Ruh’ verlassen,
Kein Wollustmeer löscht der Begierden Glut,
Und Alles möchte ich heut’ fliehen und hassen,
Was mir einst heilig schien und wert und gut.

Was bin ich heute in der Menschen Kreise,
Da bittrer Zweifel meinen Geist nur quält,
Und mir die Rast zuwider wie die Reise!
O wehe dem, der deiner Macht verfallt!

Von Gedanken und Unglück geplagt, betrachtete sich Barataschwili für ein Opfer der Verirrung und war überzeugt, dass sein Beispiel manchem seiner Landsleute zum Heil gereichen würde. Nicht ohne Reiz ist das Gedicht, in welchem er diese Hoffnung ausspricht und sich mit Resignation seinem Schicksale ergiebt:

Mein Ross.

Fort trägt mich mein Ross auf ganz spurlosen Stegen,
Ein Rabe nur folgt mir mit wildem Geschrei,
Spreng vorwärts, o Ross, meiner Zukunft entgegen
Und mach mich von meiner Gedankenlast frei!

Jag fort über Felsen und gähnende Gründe,
Ras’ weiter und kürz mir der Zeit trägen Lauf,
Scheu’ weder die Hitze noch eisige Winde,
Denn Alles ertrag ich, kein Schreck hält mich auf.

Gern flieh ich die Heimat, die Freunde und Lieben
Und die, die ich koste in seliger Stund.
Ich wandre von quälender Sehnsucht getrieben
Und gebe mein Herzleid den Sternen nur kund.

Die Seufzer, die manchmal die Brust mir noch regen,
Die mag übertönen der Raben Geschrei.
Spreng vorwärts, o Ross, meiner Zukunft entgegen,
Und mach mich von meiner Gedankenlast frei!

Mag fern von der Heimat der Tod meiner harren.
Damit keine Thräne benetze mein Grab.
Der Rabe soll mich in der Wüste verscharren,
Der Sturmwind sing brausend das Grablied mir ab!

Empfohlene Zitierweise:
Arthur Leist: Georgien. Natur, Sitten und Bewohner. Verlag von Wilhelm Friedrich, Leipzig 1885, Seite 108. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Georgien._Natur,_Sitten_und_Bewohner.pdf/111&oldid=- (Version vom 1.8.2018)