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herausgegeben wird. Es ist das eine geschickt redigierte und dem Inhalte nach sehr reichhaltige Zeitung, in welcher dem fortschrittlichen Leben Westeuropas, besonders Deutschlands, sorgfältige Beachtung gewidmet wird. Zu ihren Feuilletonmitarbeitern gehört unter anderen der Novellist Raffi, welcher auch als Übersetzer deutscher Novellen bekannt ist. Der Redakteur selbst hat an der Heidelberger Hochschule studiert und spricht das Deutsche mit grosser Fertigkeit, wodurch sich auch zahlreiche andere armenische Schriftsteller auszeichnen. Die zweite Zeitung ist der „Nor Dar“ (Die neue Zeit), dessen Redakteur Spandarjan gleichfalls seine höhere Ausbildung in Deutschland genossen hat. In diesem Blatte sind die fortschrittlichen Grundsätze der Jungarmenier ausgeprägter vertreten als im „Mschak“, weshalb es auch gewissermassen auf der äussersten Linken steht. Eine dritte, wöchentlich dreimal erscheinende Zeitung ist die „Megu Hajastani“ (Die Biene Armeniens), die schon seit einem Vierteljahrhunderte besteht und mehr konservativen Grundsätzen huldigt. Ausserdem erscheint noch ein ziemlich reichhaltiges Wochenblatt, das „Ardsagank“ (Echo), welches von Josseliani redigiert wird. Die armenischen Lehrer haben ihr Organ in der Monatsschrift „Waraschan“ (Die Schule), während die armenische Kinderwelt Unterhaltung und Geistesnahrung aus dem „Aigpjur“, nämlich aus der „Quelle“ schöpft.

Wie in allen Zweigen ihrer nationalen Wirksamkeit zeichnen sich die Armenier auch in der Litteratur durch praktischen Sinn aus und der Wert ihrer litterarischen Werke beruht mehr auf dem wissenschaftlichen Gehalte derselben als auf schöpferischer Dichterkraft. Ihr Schrifttum hatte einst seine klassische Blütezeit, aus der uns ein bedeutender Schatz von wissenschaftlichen, besonders geschichtlichen und theologischen Werken verblieben ist. Grosse Dichter hatten jedoch die Armenier eigentlich nie, wenn auch manchem Sänger der klassischen Epoche weder

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Arthur Leist: Georgien. Natur, Sitten und Bewohner. Verlag von Wilhelm Friedrich, Leipzig 1885, Seite 41. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Georgien._Natur,_Sitten_und_Bewohner.pdf/44&oldid=- (Version vom 1.8.2018)