Seite:Gesammelte Schriften über Musik und Musiker Bd.1 (1854).pdf/257

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unterworfen, weil sie selbst eine so vielen andern vorgezogene, oder daß wir sie vielleicht auch mit gespannterer Erwartung, als wie jede andere Composition, angehört und durchgelesen hätten. Jede Anzeige einer neuen Symphonie ist ein Fest für uns und nur mit günstigstem Vorurtheil nehmen wir jedes Werk solchen Umfangs in die Hand. Der erste Satz, voll schöner Einzelnheiten (wie z. B. einige Crescendo’s, die imposante Melodie der Baßinstrumente, die aber, unbegreiflich, bei der Wiederholung von den höchsten beantwortet wird), aber auch voller langweiliger Schwächen (wie die ewige Wiederkehr gewisser harmonischer Perioden, gewöhnlichste Nachahmungen, sogenannte Rosalien) machte unsre Hoffnung schon etwas schwankend, zumal wir sahen, daß, was äußeren Kraftaufwand anlangt, in den künftigen Sätzen nicht leicht weiter gegangen werden konnte. Im Adagio fielen aber alle Hoffnungen in Trümmer. Da die beiden ersten Sätze fast keinen einzigen lebendigen Staccatogedanken brachten, so sahen wir wenigstens im Scherzo (dessen Tempobezeichnung beiläufig gesagt ein Druckfehler ist) auf einen Gegensatz auf. Aber auch ihm fehlt aller Humor, dem Trio sogar aller Geist. Im letzten Satze endlich erscheinen zwei hübsche Hauptmotive, die gut in einander verwebt und nach hergebrachter Art fugatoartig verarbeitet werden. Die Empfänglichkeit des Publicums hatte aber bereits so sehr abgenommen, daß selbst die stärksten Massen