Seite:Gesammelte Schriften über Musik und Musiker Bd.2 (1854).pdf/118

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natürlich genug, daß ihm alle sichere Technik fehlte. Denn wie sein tiefpoetisches Auge alle Gründe und Höhen der Beethoven’schen Musik zu erreichen vermochte, so hatte er seine musikalischen Studien nicht etwa mit einem Lehrer und mit Tonleitern begonnen, sondern gleich mit dem Spohr’schen Concert, die Gesangsscene geheißen, und der letzten großen B dur-Sonate von Beethoven. Man versicherte, daß er an diesen beiden Stücken schon gegen zehn Jahre lang studirt. Oft kam er auch freudig und meldete, „wie es nun bald ginge, wie ihm die Sonate gehorchen lernte und wie wir sie bald zu hören bekommen sollten“ - manchmal aber auch niedergeschlagen „daß er, oft schon auf dem Gipfel, wieder herunterstürze, und daß er doch nicht ablassen könne, von Neuem zu versuchen.“

Sein praktisches Können mochte also mit einem Worte nicht hoch anzuschlagen sein, desto höher war es der Genuß, ihn Musik hören zu sehen. Keinem Menschen spielte ich lieber und schöner vor, als ihm. Sein Zuhören erhöhte; ich herrschte über ihn, führte ihn, wohin ich wollte, und dennoch kam es mir vor, als empfing’ ich erst Alles von ihm. Wenn er dann mit einer leisen klaren Stimme zu sprechen anfing und über die hohe Würde der Kunst, so geschah es wie aus höherer Eingebung, so unpersönlich, dichterisch und wahr. Das Wort „Tadel“ kannte er gar nicht. Mußte er gezwungen etwas Unbedeutendes anhören, so sah man ihm an, daß es für ihn nicht existire; wie in einem Kind, das