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C. V. Alkan, 3 große Etuden.
Werk 15.


Der Geschmack dieses Neufranken ist nach einem flüchtigen Blick in das Heft zu erkennen und schmeckt sehr nach Eugene Sue und G. Sand. Man erschrickt vor solcher Unkunst und Unnatur. Lißt carikirt wenigstens mit Geist; Berlioz zeigt trotz allen Verirrungen hier und da ein menschliches Herz, ist ein Wüstling voll Kraft und Keckheit; hier aber finden wir fast Nichts, als Schwäche und phantasielose Gemeinheit. Die Etuden haben Ueberschriften: „Aime-moi, le Vent,“ und „Morte,“ und zeichnen sich auf ihren sämmtlichen 50 Seiten dadurch aus, daß sie nur Noten ohne alle Vortragsbemerkung enthalten; die Caprice möchte nicht getadelt werden, zumal man ohnedies weiß, wie solche Musik am besten vorzutragen; aber die innere Leerheit prunkt und auch noch mit äußerer und was bleibt übrig? Im „Aime-moi“ eine wässerige französische Melodie mit einem Mittelsatz, der gar nicht zur Ueberschrift paßt, im „Vent“ ein chromatisches Geheule über einen Gedanken aus der A dur-Symphonie von Beethoven, und im letzten Stück eine widerwärtige Oede, wo Nichts als Holz und Stecken und Sünderstrick, das letztere noch dazu aus Berlioz entlehnt. Wir beschützen das verirrte Talent, ist nur überhaupt welches da, bleibt nur etwas Musik übrig; wo aber jenes eben noch zweifelhaft und von dieser nichts zu erblicken als Schwarz hinter Schwarz, müssen wir uns unmuthig abwenden. –