Seite:Geschichte Dithmarschens Kolster 1873.pdf/205

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

von Dietrichs Flucht 8657 wird unter König oder Kaiser Ermenrichs Helden von Dietmarse Môrunc, der manheite ein ursprunc, aufgezählt; ich meine auch, daß bei dem steirischen Chronisten Ottacker der Name (neben den Friesen) vorkommt, und noch Luther, Heinrich von Zütphen, sagte Dietmers. Es kann daher Thiatmaresgaho nicht eine genitivische Composition sein, wornach man einen Nominativ Thiatmari -meri, mittelhochdeutsch Dietmer, annehmen müßte. Eine solche genitivische Composition ist überhaupt ehedem unmöglich, da -mares, -mers (mit kurzem umlautenden a) mit mari, meri, mittelhochdeutsch mer, mare, zusammenhängen muß, wenn wir auch heute „Meersgau“ bilden würden. Ich muß aber die Form Thiatmares, Dietmers als räthselhaft dahingestellt sein lassen; gewiß ist nur, daß wir in Thiatmaresgaho eine eigentliche, nicht uneigentliche, genitivische, Composition vor uns haben. Wie in Emisgô, Filiwisgô, statt Emisagô, Emsgau u. s. w. könnte man wie ein altes Femininum marisa = Marsch (vergleiche französisch marais, italienisch marese), Thiatmarisa also palus publica denken; aber dann würde es mittelhochdeutsch noch Dietmers heißen, wie Emse statt Ems. Wir müssen also die Form dahingestellt sein lassen. Die Bedeutung aber ist deutlich und zweifellos in pago Thietmaresca, in der Urkunde bei Michelsen von 1059, Urkundenbuch No. I, und in dem Volksnamen de Ditmerschen; es ist die palus oder terra marisca publica, oder die große Marsch, wie im Altsächsischen oft thiod (Volk), wie Schmeller (Heliand, S. 114b) sagt und nachweist, „variis vocabulis plerumque ad augendam vel extollendam eorum significationem praeponitur“. Die Leute sind natürlich nach dem Lande benannt. Marsch ist ein altes Wort, schon angelsächsisch mersc, aber ein Masculinum, und Meer, althochdeutsch, altsächsisch meri, ist nicht eigentlich θάλαττα, πόντος, sondern stehendes Wasser, im Gegensatz zum Fluß und Strom, wie noch in Steinhuder, Haarlemer Meer u. s. w. –

Also nicht speciell die Marsch hat Dithmarschen den Namen gegeben; umgekehrt, Dithmarschen hat existirt und mit kleiner Modification

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Heinrich Kolster: Geschichte Dithmarschens. Nach F. C. Dahlmanns Vorlesungen im Winter 1826. Wilhelm Mauke, Leipzig 1873, Seite 186. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_Dithmarschens_Kolster_1873.pdf/205&oldid=- (Version vom 14.6.2018)