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Sorgfalt auszeichnete. Der Beruf war sogar ziemlich anrüchig, weil Unredlichkeiten häufig in demselben vorkamen, schlechte und gewissenlos angefertigte Handschriften statt korrekter oder betrügerischerweise neu hergestellte Abschriften, durch künstliche Mittel gefärbt, den Käufern als werthvolle Originale verkauft wurden. So werden denn auch von Theopomp die Buchhändler mit den Sardellen-, Obst-, Feigen-, Leder-, Mehl- und Löffelhändlern auf dieselbe Stufe gestellt.[1]

Nachdem die Römer den Orient erobert hatten, fand der römisch-asiatische Hellenismus seinen eigentlichen Brennpunkt in Alexandrien, welches einige Jahrhunderte lang die Weltherrschaft in der Litteratur siegreich behauptete. Die Ptolemäer gründeten hier die größte Bibliothek des Altertums, welche bekanntlich vor ihrer endlich völligen Zerstörung durch die Araber bis 700000 Rollen gezählt haben soll. Die erstern kauften, was sich nur an griechischer Litteratur vorfand, in solchen Massen auf, daß in manchen griechischen Städten kaum noch Abschriften übrigblieben und daß man sich in spätern Zeiten nach Alexandrien wenden mußte, um nur einen Text für neue Abschriften zu erhalten. Von dem Geschäftsbetriebe der alexandrinischen Rollenhändler, ihren Preisen und Bezugsbedingungen ist leider nichts bekannt. Die zur Anfertigung neuer Texte teilweise herangezogenen Schnellschreiber waren zwar sehr berühmt, aber auch sehr wenig gewissenhaft in ihrer Arbeit, während die Thätigkeit der alexandrinischen Philologen und Bibliothekare sich als gründlich und von nachhaltiger Bedeutung bewährte. Die vom König Attalus in Pergamon gestiftete Bibliothek zählte, als Antonius sie der Kleopatra schenkte, angeblich 200000 Rollen, konnte aber mit der alexandrinischen nicht wetteifern, weil es, wenn auch nicht an Geld, so doch an litterarischen Hilfsmitteln aller Art zu ihrer Herstellung gefehlt hatte. Auch Antiochia konnte nicht gleichen Schritt mit dem Beispiele Alexandriens und dessen reichern Mitteln halten, und die für den griechisch-kleinasiatischen und ägyptischen Handel so günstig gelegene Insel Rhodus vermochte sich nur eine kurze Zeit als bedeutender Büchermarkt zu behaupten.

Rom trat erst mit dem Kaiserreiche, nachdem sich die Urbs zum Orbis, zur geschlossenen Nation erweitert und ausgebildet hatte, die Erbschaft Athens an und entwickelte von nun an mit jedem Jahre mehr das Bedürfnis wissenschaftlicher Ausbildung. Die nach der politischen Niederwerfung


  1. Meineke, A., Fragmenta poetarum Graecorum comicorum. II, 852.
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 005. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_01.djvu/005&oldid=- (Version vom 1.8.2018)