berührenden Briefen nicht, daß er irgend welchen Vorteil aus seiner Verbindung mit Atticus gezogen habe. In den Briefen Quintilians an seinen Verleger Tryphon fehlt jede Anspielung auf eine Honorarforderung. Juvenal schweigt in seiner siebenten Satire ganz von dem Ehrensolde der Schriftsteller, während er die geringfügigsten Einnahmen der Rhetoren, Rechtsanwälte und anderer Berufsarten genau zusammenstellt. Horaz meint, ein erfolgreiches Gedicht bringe nicht nur dem Verleger Geld, sondern auch, da es selbst über das Meer gehe, dem Verfasser Ruhm. Vom Honorar also weiß er nichts. Es ist daher der Schluß wohl gerechtfertigt, daß die Tagesschriftsteller mehr von der Gunst des kaiserlichen Hofes, der Großen und Reichen einen klingenden Lohn für ihre Schöpfungen erwarteten und erhielten, als von ihren Verlegern. Dagegen ist es eine wohlbezeugte Thatsache, daß Privatpersonen von den Schriftstellern Handschriften kauften und diese teuer bezahlten. So gab zu Ciceros Zeiten ein reicher Mann dem Grammatiker Pompilius Andronicus für das Manuskript seiner Geschichtstabellen 16000 Sesterzen (etwa 2500 Mark), und ein anderer bot dem ältern Plinius für seine Excerptensammlung 400000 Sesterzen (annähernd 62000 Mark).
In allen Stadtvierteln Roms gab es so zahlreiche Handschriftenhändler, daß ihre Läden ganze Straßenteile einnahmen. Namentlich fanden sie sich am Forum in der Nähe der Kurie, auf dem Argiletum im Vicus Sandellarius, welchen Gellius als den Hauptbezirk der Handschriftenhändler bezeichnet, und in der Sigillaris. Bekannte Firmen sind unter andern die Gebrüder Sosius, die Verleger des Horaz, und Tryphon, der Freigelassene des Julius Lucensis, Atrectus und Q. Valerianus Pollius, Dorus und Secundus. Ihre Läden, an deren Thürpfosten sie die neuen Erscheinungen ankündigten, waren die Versammlungspunkte der Litteraturfreunde, der Dichter und Rezensenten, der vornehmen und gelehrten Welt, oder dienten auch als Lesekabinette. Das Innere duftete nach Safran und Cedernholz, den Mitteln gegen die Motten; die gebundenen Schriftrollen lagen in den Fächern der Wandschränke, die bessern im Sehkreise der Käufer, die geringern aber zu unterst. Hinter dem Laden befand sich gewöhnlich die Offizin, in welcher die Abschreiber und Abschreiberinnen, sowie die Rollenhefter und Binder arbeiteten. Die Verleger beschränkten sich bereits auf einzelne Zweige der Litteratur. Staatsschriften, juristische Werke und Poesie erschienen
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 009. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_01.djvu/009&oldid=- (Version vom 1.8.2018)