Anfang des Jahres 1468, wahrscheinlich in den letzten Tagen des Januar. Es bekundet wenigstens Konrad Humery in seiner Erklärung vom 24. Februar 1468, daß der Erzbischof ihn im Besitze der Druckerei des verstorbenen Johann Gutenberg gelassen habe.
So spärlich nun auch die Quellen über den äußern Lebensgang und die innere Entwickelung des Erfinders berichten, so liefern doch die geringen auf die Nachwelt gekommenen Bruchstücke die wesentlichsten Züge zu seinem Charakterbilde. Gleich in den ersten Zeugnissen seiner Zeitgenossen erscheint Gutenberg im vollen Lichte seiner spätern Bedeutung als hervorragender Techniker, vielseitiger Künstler und ein in seiner Bildung bereits fertiger Mensch. Da ist keine Spur von jener weltschmerzlichen Zerfahrenheit oder übervorteilten Großmut, welche sentimentale Geschichtsdilettanten und Romanschreiber diesem willensstarken, eisernen und schließlich alle Hindernisse besiegenden Genius angedichtet haben; nein, in ihm tritt von Anfang an kein bloßer Projektenmacher, wie heute der Ausdruck lauten würde, sondern ein selbstbewußter Charakter auf, der genau weiß, was er will und was er kann. Mit großem geistigen Können vereinigte er eine gründliche Beherrschung der technischen Einzelheiten und einen freien, ungetrübten Blick. Aus einem alten und reichen Patriciergeschlecht einer Freien Reichsstadt stammend, nimmt Gutenberg durch Geburt und bürgerliche Stellung einen höhern und unbefangenern Standpunkt ein als die zünftigen Meister und Handwerker seiner Zeit. Auch die damaligen Universitäten stehen ihm ebenso fern, als sie sich gegen daß außerhalb ihrer scholastischen Hörsäle aufkeimende neue Leben ängstlich absperrten. Die Buchdruckerkunst geht deshalb auch nicht von einer Universität aus, sondern wird in einer freien Stadt zuerst geplant und später erfunden, und blüht sodann in Städten, in welchen bürgerliches Gewerbe, Handel und Kunst vorzugsweise die Thätigkeit der Einwohner bilden.
Mag er durch eigene, mag er durch fremde Schuld vom Schicksal hin und her geschleudert werden, mag er mehr Niederlagen als Siege im Kampfe mit dem Leben zu verzeichnen haben, dieser tapfere Mann nimmt immer von neuem seine Idee wieder auf, welche ihn jahrzehntelang in ihrem Bann hält. In allen, selbst den schwierigsten Lagen hält ihn der frohe Mut der Überzeugung von ihrer Ausführbarkeit aufrecht. Der Stern in seiner Brust, an den er felsenfest glaubt,
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 053. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_01.djvu/053&oldid=- (Version vom 1.8.2018)