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das straßburger Bürgerrecht; seines Kunstgewerbes wegen wurde er, wie später alle Buchdrucker, in die Zunft „Zur Stelz“ eingeschrieben. Er gehört zu den ersten, welche die Bedeutung ahnten, zu welcher die neue Kunst berufen war. Wo und wie er sie erlernt hat, weiß man nicht. Eine Verbindung mit Gutenberg oder mit einem der straßburger Gesellschafter desselben ist geschichtlich nicht nachzuweisen. Auch der Zeitpunkt für die Errichtung der Mentelschen Druckerei kann nur annähernd bestimmt werden. Die freiburger Bibliothek besitzt ein Exemplar der ersten der lateinischen Bibeln Mentels in zwei Foliobänden; sie gilt wenigstens seit Panzer als Mentels Werk. Am Ende des ersten Bandes steht von der Hand des Rubrikators geschrieben: „Explicit Psalterium 1460“, am Ende des zweiten aber: „Explicit Apocalypsis anno domini M°CCCC°lXI°“.[1] Demnach hatte Mentel den ersten Band 1460 vollendet, und man kann als gewiß annehmen, daß die Errichtung seiner Offizin mindestens ein oder zwei Jahre früher stattgefunden habe, zumal hiermit die gleichzeitige Chronik des Philipp de Lignamine (1474), eines römischen vornehmen Buchdruckers und Verlegers, übereinstimmt, welche in einer Notiz über die Buchdruckerkunst die Wirksamkeit Gutenbergs, Fusts und Mentels in das Jahr 1458 setzt. Die obige Bibel enthält 427 Blätter, welche zweispaltig mit 49 Zeilen auf jeder Seite gedruckt sind. Sie ist zugleich die erste Bibel, die mit kleinern gotischen Lettern nach Erscheinen der mit Missalschriften hergestellten zweiundvierzigzeiligen und sechsunddreißigzeiligen Bibeln herauskam, und scheint den Mainzern Fust und Schöffer erst den Anstoß zu ihrer achtundvierzigzeiligen Bibel von 1462 gegeben zu haben. Schon die Charaktere dieser schönen Mentelschen Bibel zeigen in ihrem flotten Zuge das Gepräge des beweglichen Geistes ihres Schöpfers. Für diesen rührigen Geschäftsgeist sprechen auch vor allem die von Mentel herrührenden ältesten gedruckten Verlagsverzeichnisse, deren er sich in der Art der heutigen Prospekte, ähnlich wie schon früher der Handschriftenhändler Diebold Lauber in Hagenau, zur Empfehlung seiner Bücher bediente und deren im fünften Kapitel ausführlicher gedacht werden muß. Von besonderer Wichtigkeit sind diese Verzeichnisse aber deshalb, weil es durch ihre Vermittelung erst möglich geworden ist, die Druckwerke Mentels zu erkennen; denn nur wenige derselben hat er unter seinem Namen erscheinen lassen. Derselbe findet sich nur in dem von ihm herausgegebenen vierten Buche von Augustinus’ „De Doctrina christiana“


Fußnoten

  1. Linde, v. d., a. a. O. S. 65.


Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 83. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_02.djvu/019&oldid=- (Version vom 1.8.2018)