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1637, ging seine Buchdruckerei im Erbgang auf seinen Schwager Friedrich Lanckisch über, den Verfasser der bekannten und früher stark verbreiteten Bibel-Konkordanz. Gottfried Große druckte und verlegte von 1618 bis 1636, seine Erben und seine Witwe finden sich im Meßkatalog mit Verlagsartikeln noch eine Reihe von Jahren von 1637 an. Von Associationen treten auf: Gottfried Große und Kaspar Klosemann, 1620; derselbe und Barthol. Voigt, 1626; Gottfried und Henning Groß’ (jun.) Erben, 1629 bis 1663; Gottfried Groß’ Erben und Jerem. Mamphraß, 1650; Gottfried Groß’ und Barthol. Voigts Erben, 1654. Von 1665 an erscheint Johann Groß, zum Teil in Gemeinschaft mit Henning Groß’ jun. Erben, mit Friedr. Lanckisch und dessen Erben, mit Konsorten u. s. w.; es ist wohl anzunehmen, daß auch er zu den Nachkommen Henning Große’s des Ältern gehört.

11. Wien.

Deutschland zählte schon 25, Italien 40 und Frankreich 7 Druckerstädte, als im Jahre 1482 die ersten fünf Preßerzeugnisse in Wien erschienen. Sie gehören einem bis auf den heutigen Tag unbekannt gebliebenen Wanderdrucker an. Das umfangreichste von ihnen, der „Manipulus curatorum“, enthält 172, das kleinste, „Aegidii Errores philosophorum“, zählt nur 10 unpaginierte Seiten. Vier von ihnen behandeln praktische Fragen, wie Gersons „Lehre von der Beichte“ und die für das Volk bestimmte „St. Rochus-Legende“, welche gerade damals, zur Zeit des Wütens der Pest, viel und gern gelesen wurde; aber nur eins, der „Tractatus distinctionum Joannis Meyger“, nach M. Denis Wiens erster Druck, bewegt sich auf wissenschaftlichem Gebiete. Sämtliche fünf Schriften scheinen aus derselben Presse hervorgegangen zu sein und verraten den unbeholfenen und unbemittelten Anfänger, der nur eine Schriftart besitzt und vergebens gegen die untergeordnetsten Schwierigkeiten kämpft. Politisch und geistig war die Hauptstadt der Habsburgischen Erblande in den letzten zehn Regierungsjahren Friedrichs III. erschlafft, und auch die dem beschränktesten Scholastizismus huldigende Universität vermochte den Geistern keine Anregung zu geben. Noch blühte in Wien eine mächtige Schreiberzunft, welche die Schüler Gutenbergs nicht aufkommen ließ. Die einheimischen Gelehrten, wie Reger, Peuerbach, Nider u. a., mußten ihre Werke auswärtigen Pressen übergeben.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 160. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_02.djvu/096&oldid=- (Version vom 1.8.2018)