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als Mittelstück, Leisten mit rheinischem Email, und Steinen und Kameen auf dem Rande der Platte von vergoldetem Kupfer.

Bücher, welche nicht so kostbar ausgestattet, aber auch nicht auf den häufigen Gebrauch berechnet waren, blieben oft ganz ohne Einband oder erhielten doch nur ein Pergamentblatt als schützende Umhüllung[1]; man kann sich hierbei der Umhüllung der Rolle, aber auch der heutigen Sitte, Bücher nur in einen Papierumschlag zu hängen, erinnern. Hoel Graf von Cornouaille (gestorben 1084) sah einst in der Kathedrale von Quimper (Departement Finistère) auf dem Altar ein Buch ohne Einband, dessen Blätter sich ablösten; das gab ihm Veranlassung, der Kirche die Felle der auf seinem Gute Quiberon getödteten Hirsche zu Büchereinbänden zu schenken. Aber noch mehrere Jahrhunderte später läßt sich die Existenz ungebundener Bücher nachweisen.

Der gewöhnliche Einband bestand aus Holzdeckeln, die mit Leder der verschiedensten Tiere überzogen wurden. Daß Hirschleder in Verwendung stand, beweist schon die Schenkung des Grafen Cornouaille; die Abtei St. Denis und das Kloster St. Bertin übten mit Berufung auf Schenkungen Karls des Großen die Jagd in gewissen Wäldern aus, um Leder zum Buchbinden, beziehungsweise auch zum Anfertigen von Gürteln und Handschuhen zu gewinnen. Im 12. Jahrhundert schickte Graf Wilhelm von Nevers den Kartäusern, welche Gold und Silber abgelehnt hatten, Rindshäute und Pergament. In Ermangelung neuen Pergaments griff man nicht selten zu alten Handschriften, sowohl für die Einbanddecken und die Vorsatzblätter, als auch für die Bünde, für die Falze zwischen den Lagen, und für die Merkbänder. Bei dem Mangel an Pietät gegen alte Schriftdenkmale ist es noch als ein Stück anzusehen, wenn der Buchbinder die Streifen, welche er aus einem Blatte einer Handschrift geschnitten hatte, wenigstens in einem und demselben Einbande verarbeitete, sodaß dessen Auflösung die Wiederherstellung des Blattes ermöglicht. Bekanntlich ist auf diese Art manches wichtige Schriftfragment wieder ans Licht gekommen.

Aber auch für die Deckel selbst sind nur zu oft alte Handschriften verbraucht worden. Die Holzplatten waren dem Wurmfraße ausgesetzt und die Schmarotzer, welche sich dort eingenistet hatten, gefährdeten dann auch das Buch. Da man außerdem auf die Herstellung leichterer Einbände bedacht war, verfiel man auf das Zusammenkleben einzelner


Fußnoten

  1. Wattenbach a. a. O. S. 222 fg.


Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 254. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_04.djvu/033&oldid=- (Version vom 1.8.2018)