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Künstlers größere Freiheit als die Rollen, da sich aus den einzelnen graden und gebogenen Linien, Schnörkeln und sonstigen Ornamentmotiven die verschiedensten Muster combinieren ließen.

Zwischen den gepreßten und den Mosaikeinbänden in der Mitte stehen die von den Antiquitätenhändlern gewöhnlich Emailbände genannten Lederbände, deren erhabene Verzierungen mit Lackfarben bemalt sind.

Von Einfluß auf diese allmählichen Umwandlungen waren mannigfache Umstände. Die Buchdruckerkunst, der Humanismus, die Reformation hatten eine ungeheure Vermehrung der Bücher und Anhäufung solcher im Besitz nicht nur von Kirchen und Klöstern zur Folge. Für die Ausstattung der Chorbücher war noch maßgebend gewesen, daß dieselben von dem Platze, welcher ihnen angewiesen worden, kaum wieder entfernt werden würden. Bibliothekwerke mußten so eingerichtet werden, daß sie gemeinschaftlich aufbewahrt, daß einzelne schnell erkannt und aus dem Schranke herausgenommen werden konnten. Man schichtete sie in den Regalen auf, den Schnitt nach vorn, auf welchen, wenn nicht auf den überschüssigen Rand des Leders, Autorname oder Titel geschrieben, auf den Schnitt gelegentlich sogar eingebrannt war, während die Titelangabe, wenn überhaupt vorhanden, sich früher höchstens auf einem auf den Vorderdeckel aufgeklebten Papierstreifen befand, den man öfter durch ein durchsichtiges Hornplättchen schützte. Beim Herausziehen eines einzelnen Bandes würden nunmehr die Metallbeschläge leicht die Nachbarn verletzt haben, auch fiel die Notwendigkeit der Eckstücke fort, weil anstatt des Holzes mehr und mehr Pappe benutzt, das Format der Bücher allmählich kleiner wurde. Denn die alten Klassiker in neuen Ausgaben, die gelehrten oder erbaulichen Schriften der Zeit sollten „handlich“ sein, wie das Brevier, und nicht unnötig verteuert werden. So wurden die Metallbeschläge und Schließen immer seltener und erinnerten, wo sie noch vorkamen, in ihrer zierlichen Behandlung, in Filigran, mit Nielloschmuck oder eingesetzten Steinchen, kaum noch an den ursprünglichen Zweck: den Einband zu schützen. Der Buchdruck beeinflußte aber noch ganz besonders die Ornamentation des Einbandes, indem dieselben Zierstöcke ebenso gut außen, wie in dem Buche zur Verwendung kamen.

Von nicht geringerer Bedeutung war das Vordringen des Prinzips der orientalischen Flächendekoration. Hatte dasselbe bereits durch Jahrhunderte die Ornamentation der Seidengewebe beherrscht, so bürgerte es

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Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 256. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_04.djvu/035&oldid=- (Version vom 1.8.2018)