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läßt sich in Leipzig schon in den fünfziger Jahren des 16. Jahrhunderts bei dem Buchführer Wolf Günther konstatieren.[1] Man nannte jenes Tauschen „verstechen“, gab Bogen für Bogen oder auch, je nach dem Wert oder Unwert des Buchs, mehrere für einen und beschaffte sich auch auf diesem Wege seinen Bedarf für die zwischen den Messen liegende Zeit. Natürlich leistete eine solche Praxis nur zu häufig dem Verlage der armseligsten Erzeugnisse Vorschub. Sie mußte hier schon Erwähnung finden, weil man allerdings auch oft der Ansicht begegnet, als sei das Verstechen schon im 15. und in der größern Hälfte des 16. Jahrhunderts die Regel gewesen. Der Tauschhandel mit Büchern dürfte vielmehr in eine spätere Periode fallen. Ob Koberger und Schöffer ihre Verlagswerke miteinander ausgetauscht und dann verkauft haben, ist möglich, aber nicht völlig bewiesen, übrigens auch gleichgültig. Es ist ferner für das 15. Jahrhundert nur ein vereinzelt dastehender Fall, wenn die Druckerei des Klosters zu St. Ulrich und Afra in Augsburg das von ihr herausgegebene „Speculum historiale“ des Vincenz von Beauvais und ihre sonstigen Preßerzeugnisse nach dem Bericht des Klosterchronisten Sigismund Meysterlin „per modum cambii“ (Tausch) vertreibt. Wenn endlich gegen Ende des Jahres 1500 Anton Koberger 300 Exemplare der „Glossa ordinaria“ nach Venedig schickt, um sie gegen dort gedruckte Bücher zu „verstechen“ (dieser Ausdruck wird hier wohl zum ersten mal gebraucht), so ist dies eben nur ein vereinzeltes Geschäft, welches durch Kobergers augenblickliche Verlegenheit veranlaßt wurde, immerhin nur eine Ausnahme von der Regel. Das Gleiche dürfte wohl auch von dem bezüglich Pantzschmanns Buchhandel angeführten Faktum, des Annehmens von Büchern „um Andere“, gesagt werden können.

Die Regeln und Usancen des ersten buchhändlerischen Verkehrs sind übrigens nur höchst lückenhaft zur Kenntnis der Gegenwart gekommen und können deshalb nur annähernd aus einzelnen Beispielen gefolgert werden. Dieser Satz gilt namentlich für die Verkaufspreise und die Bedingungen, unter welchen die Verleger an die Sortimentsbuchhändler abgaben.

Bis gegen Ende des 15. Jahrhunderts, als die Mentel u. a. durchs Land zogen oder ihre Buchführer und Diener zum Verkauf ihrer Verlagsartikel aussandten, wird in den Katalogen selbstredend kein Preis erwähnt. Das Buch war eben noch eine Ware, wie jede andere, welche


Fußnoten

  1. Nach dem citierten erst jetzt gedruckten Vortrag von A. Kirchhoff.


Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 304. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_05.djvu/042&oldid=- (Version vom 1.8.2018)