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ist, kommt nur dem gleich, was uns jetzt aus Italien geboten wird. Da siehst Du, was die verfluchte Geldgier bewirkt. Welche Entweihung wird um wenige Goldstücke begangen, für welche man einen gelehrten Texteskritiker haben könnte!“ In Italien wurde das Übel sogar mit jedem Tage schlimmer. Etwa ein Vierteljahrhundert später, am 4. Februar 1554, schreibt der Jurist Tanner an Bonifaz Amerbach, „der Preis der italienischen Bücher ist so hoch, daß viele dadurch vom Kaufen abgeschreckt werden. Man druckt in Italien und namentlich in Venedig äußerst fehlerhaft. Die dortigen Drucker wollen nichts mehr an gelehrte Korrektoren wenden. Der päpstliche Legat will die ältesten Denkmäler der marcianischen, florentinischen und vatikanischen Bibliothek den baseler Druckern liefern, damit sie in Basel sobald als möglich gedruckt werden.[1] Die Auflage ließe sich dann in Deutschland und Frankreich, wo man diese Werke am eifrigsten studiert, leicht verbreiten.“ Dieser Unfug des fehlerhaften Drucks, mit welchem gewöhnlich eine möglichst schlechte Ausstattung Hand in Hand ging, beschränkte sich aber nicht allein auf Italien; Deutschland lief ihm und allen übrigen Ländern leider bald den Rang darin ab. Der Dreißigjährige Krieg drängte es auf diesem Felde auf die letzte Stufe herab. Man fing eben am unrechten Ende an zu sparen und schämte sich nicht, seitenlange Druckfehlerverzeichnisse als Anhang zu selbst wenig umfangreichen Büchern zu bringen.

Wenn nun auch die Gelehrten sich ihrer Dienste als Kastigatoren, Textesrevisoren und Korrektoren hatten bezahlen lassen und bezahlen ließen, so galt es unter ihnen doch lange für sehr schimpflich oder wenigstens – es sei hier ein fremder, aber äußerst bezeichnender Ausdruck gestattet – für ungentlemanlike, für ihre eigenen Schriften Honorar zu nehmen. Natürlich wollten und konnten sie aber auch nicht ganz umsonst arbeiten. So wurden sie denn einerseits von den Verlegern mit Bewilligung einer bestimmten Anzahl von Freiexemplaren oder mit Geschenken von andern Büchern oder auch mit sonstigen nützlichen Dingen abgefunden; andererseits aber rechneten sie auf Geschenke in barem Gelde oder Gnadengehalte, welche sie von Fürsten oder sonstigen vornehmen Personen, oder reichen Gönnern gegen Dedikation ihrer Werke zu erhalten pflegten. Erasmus rühmte sich wiederholt in dieser Weise honoriert worden zu sein, während er sich ängstlich von dem Verdacht


Fußnoten

  1. Stintzing a. a. O. S. 20.


Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 312. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_05.djvu/050&oldid=- (Version vom 1.8.2018)