Alten Testaments ausgegeben, der die Geschichtsbücher von Josua bis Esra und Nehemia umfaßte; das Buch Esther stand damals vor diesen beiden. An der Herstellung dieser Teile arbeitete Melchior Lotter jun. bereits in Gemeinschaft mit seinem Bruder Michael. Schon eine zweite Ausgabe der Bücher Mose 1523 ist von beiden gemeinsam unterzeichnet. Von beiden Brüdern zusammen wurde dann auch im Jahre 1524 noch der dritte Teil des Alten Testaments gedruckt, in welchem Luther den Hiob, den Psalter, die Sprüche, den Prediger und das Hohelied zusammengefaßt hatte. Die ursprüngliche Absicht, auch die Propheten in diesen Abschnitt mit aufzunehmen, hatte er wieder fallen lassen. Wohl aber erschienen von den bisher ausgegebenen Teilen noch mehrfach neue Auflagen – alle das Werk der Lotterschen Pressen. Mit der Herausgabe des dritten Teils vom Alten Testament erlitt die Arbeit einen längern Stillstand.
Einer der beiden Söhne Lotters hatte sich nämlich ein „Vergehen“ zu schulden kommen lassen, das den Vater Melchior Lotter beim Kurfürsten in Ungnade fallen ließ und ihm die ratenweise Zahlung einer schweren Buße aufnötigte. Welcher Art dies Vergehen war, ist bisher nicht nachzuweisen gewesen. Anhaltspunkte dafür bieten jedoch die Briefe Luthers und eine ausführliche, aber erfolglos gebliebene Bittschrift, welche der alte Melchior Lotter am 11. September 1524 an den Kurfürsten richtete. Schon am 13. Juni 1520 hatte Luther an Spalatin geschrieben: „Wegen Lotters glaubet den Angebern nichts, mein Spalatin; es ist Menschenwort, welches zu Euch gedrungen ist: ich weiß es anders –“, und im Mai 1524: „Um Christi Willen bitte ich Euch, sehet zu, daß Lotter nicht in so bösem Leumund stehe beim Fürsten. Ihr glaubet nicht, wie sehr der Mann sich ängstigt, weil er gehört, daß er so schlimm angegeben worden. Es ist gewißlich ein guter Mann und schon mehr als genug bestraft für sein Vergehen –“, und am 13. September abermals: „Ich höre, daß es Melchior Lotter bei dem Fürsten schlecht ergangen. Was ist es not? Ich bitte Euch, einem Betrübten nicht noch mehr wehe zu thun. Laßt uns seiner doch einmal schonen, er hat Strafe und Unglück genug. Darum seid ein guter Mittler, und so es nötig ist, daß ich selber für ihn schreibe, will ich’s gern thun.“ Wahrscheinlich war auf die zwei Tage früher eingereichte Bittschrift Lotters schon ein günstiger Bescheid eingetroffen. Aus allem geht hervor, daß Lotter Neider
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 422. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_07.djvu/018&oldid=- (Version vom 1.8.2018)