In Scharen begleitete ihn „das gemeine Volk“ auf seinem Todesgange. Dagegen waren „das ehrsame Volk“, die Bürger, seine Gegner und hatten sich bewaffnet; auch bewaffnete Söldner standen in Bereitschaft. Nachdem ihm die Kleider ausgezogen und Hände und Füße gebunden waren, rieb ihm der Scharfrichter Bart und Haare mit Schwefel. Als diese brannten, rief Hubmayer: „Jesus, Jesus!“ Der Rauch erstickte seine Stimme.[1] Sein Tod aber machte einen derartig überwältigenden Eindruck, daß die weltlichen und geistlichen Behörden sich gezwungen sahen, ihr Verfahren zu rechtfertigen. Selbst seine Gattin, ein kühnes, starkes Weib, das ihren Gatten zum männlichen Ausharren ermahnte, ward nicht verschont und drei Tage später mit einem Stein am Halse in die Donau gestürzt. Die Buchdruckerei in Nikolsburg aber, die eine so wichtige Rolle in diesem düstern Drama spielt, gab nunmehr kein Ärgernis mehr, da die Wiedertäufer aus ganz Mähren und Österreich vertrieben wurden. Zwei andere Gesinnungsgenossen Hubmayers teilten gleich darauf in Wien sein Los.
Die Schilderung des Endes Hubmayers hat übrigens schon über die Grenzen der hier in Betracht kommenden Zeit hinausgeführt, da der große Bauernkrieg den Wendepunkt in der Geschichte der Reformation bildet. Hatte bis dahin trotz fürstlicher und päpstlicher offener Angriffe und heimlicher Gegenarbeit ihr Siegeslauf nicht unterbrochen werden können, so war mit der blutig-grausamen Unterdrückung des Aufstandes der Bauern der gewaltigen lutherischen Bewegung als einer national kirchlichen der Lebensnerv durchschnitten. Die Jahre des ungestümen Stürmens und Drängens von 1517 bis 1521, die Zeiten des freudigen Schaffens und Aufbauens von 1521 bis 1525, in welchen sich wie im Anfang jeder großen weltgeschichtlichen Epoche der Geist und das ideale Ziel am reinsten und deutlichsten aussprechen, traten fortan selbst in der Erinnerung der Mithandelnden zurück. Luther war durch die Revolution über Nacht ein anderer geworden und trat in bewußten Gegensatz zu seinen stürmischern Anhängern. Er rief die Polizei zu Hilfe, um den Individualismus der religiösen Empfindung in feste Ordnungen zu zwängen, und suchte mit Hilfe der Landesfürsten, die auch gern kleine Päpste werden wollten, sein kirchliches Werk unter Dach zu bringen. Durch dieses despotische Verfahren wurde allerdings das, was von seiner Lehre noch übrigblieb, vom Zerfall gerettet; allein die theologischen Tüfteleien
Fußnoten
- ↑ Wiedemann a. a. O. I, 50.
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 443. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_07.djvu/039&oldid=- (Version vom 1.8.2018)