selbst die Autoren wurden schon in den zwanziger Jahren des 16. Jahrhunderts oft genug mit ihren kümmerlichen Honorarbezügen auf die Messe vertröstet.[1] Für die bei der Herstellung der Bücher beteiligten Gewerbe war daher die Messe von gleich großer Bedeutung; auch ihre Vertreter strömten zu ihr hin. Waren doch schon in den Anfangszeiten des jungen Bücherhandels manche, und selbst namhafte Buchdrucker nach Frankfurt geritten, weniger um die Erzeugnisse ihrer Pressen im einzelnen an das Publikum und die fremden Buchführer zu verkaufen, als um womöglich ganze Auflagen en bloc an den Mann zu bringen, Aufträge und neue Beschäftigung für ihre Pressen zu finden, oder, wie man sich ausdrückte, Buchführer aufzusuchen, welche „sie (die Buchdrucker) verlegten“.
Sie kamen auch fernerhin, und nicht nur, um Arbeit für ihre Pressen zu suchen – speziell die kleinern Buchdrucker aus den Provinzialorten jetzt auch noch, um zugleich ihr bischen Verlag an Buchführer zu verhandeln, ihnen denselben zum kommissionsweisen Vertrieb zu übergeben, über den erzielten Absatz mit ihnen abzurechnen. Denn fast alle kultivierten zur Beschäftigung ihrer Presse oder ihrer Pressen, falls Aufträge fehlten, wenigstens etwas den Verlag von Schriften von lokalem oder vorübergehendem Interesse, vor allem von sogenannten Scholastikalien: Schulbüchern, wie ABC- und Rechenbüchlein, Donat, Katechismus, Evangelien und Episteln, Gesangbüchlein u. dgl. Buchführer, welche keinen eigenen Verlag besaßen, übernahmen derartige Kleinlitteratur gern in Kommission; hatten sie dann doch wenigstens etwas Material zum Stechen in der Hand, wenn sich die Gelegenheit dazu bot, brauchten sie doch – zur Genugthuung für ihre Landesherrschaften – nicht das bare Geld aus dem Lande zu führen. Als im Jahre 1558 der Konkurs über die Hinterlassenschaft des Buchführers Wolf Günther in Leipzig ausgebrochen war, meldete sich in der Ostermesse 1559, neben Privatpersonen, welche ihm ihren Selbstverlag in Kommission gegeben hatten, auch der Buchdrucker Johann Wolrabe der Jüngere von Bautzen, der eine ganz ansehnliche Partie „Scholasticalia“ bey „Guntern zuvorkauffen eingesatzt, welches Lorenz des Gunters knabe wohl wisse“.
Diese Arbeit und fällige Zahlung suchenden Buchdrucker zogen aber wieder die Schriftgießer nach sich. Die großen und berühmten Gießereien in Basel, Nürnberg, Wittenberg bedurften des Meßbesuchs wohl weniger; sie konnten ruhig der Kunden und Aufträge am Sitze ihrer
Fußnoten
- ↑ Daselbst II, 62.
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 474. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_08.djvu/027&oldid=- (Version vom 1.8.2018)