gegenüber eins fühlte. Wenn nun hier und da eine Verfolgung mißliebiger Bücher oder Schriftsteller stattfand, so geschah das in der Regel mehr infolge der Anträge des Kaisers oder auswärtiger Stände, als aus eigenem Antriebe. Sodann aber bildete Nürnberg insofern einen wohlthuenden Gegensatz zu manchen andern Reichsstädten, als es sich seiner Buchhändler und Drucker nach Außen hin energisch annahm und sie vor Schimpf und Schande schützte.
So war der Buchführer Andreas Eschenberger im Herbst 1562 in Wien gefänglich eingezogen und bedroht worden, an den Pranger gestellt und mit Ruten ausgestrichen zu werden, weil er sich, trotzdem, daß er schon einmal ausgewiesen worden war, zum zweiten mal mit lutherischen Schulbüchern, Bibeln und Postillen in Krems und in Niederösterreich hatte betreffen lassen. Für Kaiser Ferdinand war dies ein Verbrechen, obgleich er als Reichsoberhaupt eigentlich nichts dagegen thun durfte. Um nun einen Rechtstitel für ihr Vorgehen zu haben, behandelten seine Beamten und die Geistlichen derartige Fälle als erzherzogliche, als Landes- und nicht als Reichsbehörden. Der nürnberger Rat hatte kaum die Beschwerde Eschenbergers erhalten, als er sich am 26. September 1562 an den Kaiser wandte, für die Ehrbarkeit und Unbescholtenheit seines Bürgers eintrat und dessen Recht zum Verkauf derartiger Bücher für zweifellos erklärte. Zugleich aber beantragte er, daß ihm „die schmähliche Strafe des Prangers, des Ruthenausschlagens und anderer öffentlicher Schande“ erlassen würde. Die Erledigung der Sache zog sich lange hin. Der Rat beauftragte deshalb am 19. November 1562 seinen Agenten in Wien, Georg Stümpfl, energische Schritte zu thun, daß „der arme unschuldige Mann wieder mit Gnaden ledig gelassen werde“. Das scheint denn auch geschehen zu sein; wenigstens kommt der Eschenbergersche Fall nicht mehr in den nürnberger Akten vor.
Ganz um dieselbe Zeit hatte auch der Erzbischof von Salzburg dem nürnberger Buchführer Nikolaus Vogel ein Faß Bücher in Salzburg öffnen und den ganzen Inhalt durchsuchen lassen, aber nur einen anstößigen gemalten Brief gefunden, weshalb der Besitzer, der behauptete, das anstößige „Gemälde“ nicht in das Faß gepackt zu haben, gefänglich eingezogen wurde. Seine Frau Elisabeth führte wegen der Behandlung ihres Mannes beim Rat Beschwerde, und dieser verlangte am 28. September 1562 dessen Freilassung beim Erzbischof, der sie auch sofort verfügte.
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 575. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_09.djvu/054&oldid=- (Version vom 1.8.2018)