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In Leipzig, welches ja hier hauptsächlich in Betracht kommt, wurde die Censur zunächst durch den Rat ausgeübt.[1] Nachdem, wie schon im zweiten Kapitel erwähnt, Nikolaus Wolrabe der Censur des Bürgermeisters und des Superintendenten (der Rat war an der Kircheninspektion beteiligt) unterworfen worden war, wurde schon kurz nachher, am 10. Mai 1539, auch den übrigen leipziger Druckern eingeschärft, nichts Neues drucken und ausgehen zu lassen, sie hätten es denn zuvor dem Rate angezeigt. Am 9. August desselben Jahres wurde dann sogar verordnet, daß alle acht Tage zwei Ratsherren zu den Buchdruckern gehen und zusehen sollten, daß nichts, denn dem Evangelio Gemäßes gedruckt werde. Diese Verfügungen basieren natürlich auf Anordnungen Herzog Heinrichs; aber auch dieser gehorchte zum Teil nur dem herrischen Druck, welchen Kurfürst Johann Friedrich von Wittenberg aus auf ihn ausübte. Johann Friedrich, der Luther frei gewähren ließ, war unduldsam gegen dessen Gegner. Bei alledem war aber der Rat in der Regel geneigt, das geschäftliche Interesse seiner Bürger zu schonen und es bedurfte gewöhnlich einer besondern Anregung von Dresden, um ihn zum Einschreiten zu veranlassen. Eine Verordnung des Herzogs Moritz vom 9. Mai 1546 verbietet, ohne Strafandrohung, den Verkauf gewisser dem Kaiser verdächtiger und verdrießlicher Reime, eine andere vom 8. Oktober desselben Jahres, und zwar bei ernster Strafe, den Nachdruck eines nicht besonders namhaft gemachten Sendbriefs; beide Verordnungen schweifen bereits auf das politische Gebiet über, das erst mit der Zeit der Grumbachschen Händel eine größere Bedeutung gewinnt. Im ganzen aber war die Censur noch erträglich, wenn sie überhaupt regelmäßig ausgeübt wurde. Noch ein Mandat vom 10. Januar 1549 richtet sich allein gegen den Vertrieb solcher Bücher, Lieder, Reime oder Gemälde, darinnen andere Leute beschwert werden, oder solche, die keinen oder einen unbekannten oder erdichteten Namen aufweisen oder die Angabe des Druckorts vermissen lassen; die Verkäufer solcher Schriften sollen vorgefordert, ihnen die Waren abgenommen und sie verwarnt werden, und erst wenn sie mit solchen Büchern wiederkommen, soll man sie gefänglich einziehen und Bericht darüber erstatten. Von einem Verbote, solche Libelle im Lande zu drucken, ist dabei noch nicht die Rede.

Weiter geht schon eine Verfügung vom 1. Februar 1558. Da viele Schmähbücher, Lieder, Reime u. dgl. unter falschem Namen und sonst


Fußnoten

  1. Die Darstellung der sächsischen, speziell der leipziger Censurverhältnisse gründet sich fast ausschließlich auf die Mitteilungen von A. Kirchhoff im Archiv, vor allem auf dessen „Die kursächsische Bücher-Kommission in Leipzig. I. Bis zum Abschluß ihrer Organisation“. (IX, 47–176.)


Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 595. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_09.djvu/074&oldid=- (Version vom 1.8.2018)