Einsetzung der Kommission klug berechnend eingeleitet hatte, siegreich zu Ende führen und ihren Sieg rücksichtslos ausbeuten. Das gelang ihr denn auch vollständig, wenngleich ihr freilich der Kampfpreis schließlich wie Schnee in der Hand zerrann. Frankfurt aber mußte den Kelch seiner Selbsterniedrigung bis auf den letzten Tropfen leeren, wobei nur zu beklagen ist, daß das protestantische Deutschland mehr oder weniger sein Unglücksgenosse wurde. Im Wesentlichen war die Niederlage schon mit dem Ablauf des Jahrhunderts so gut wie entschieden.
Zunächst ließ es sich der Bücherkommissar Hörnigk besonders angelegen sein, stets künstliche Zwistigkeiten zwischen Kaiser und Rat da zu schaffen, wo in der That keine Veranlassung dazu vorlag, den Rat als ungehorsam zu verdächtigen und so hinzustellen, als sei lediglich sein böser Wille schuld daran, wenn der Buchhandel nicht seinen geordneten Gang nähme und wenn die Befehle des Kaisers keine Beachtung fänden, namentlich aber wenn die für den letztern bestimmten Freiexemplare ausblieben. Vorwände zur Anklage waren immer vorhanden, denn Hörnigk brachte – bald diesen, bald jenen Punkt mehr betonend – drei in Wien besonders schwer ins Gewicht fallende Anklagen vor. Demgemäß verhehlt denn auch der Kaiser fortan dem frankfurter Rate sein Mißfallen darüber nicht, daß er dem unerlaubten Nachdruck der mit kaiserlichen Privilegien erschienenen Bücher nicht steuere, daß er die dem letzten Friedensschluß und andern Reichskonstitutionen zuwiderlaufenden Famosbücher, Pasquille und Scartequen nicht unterdrücke und daß er nicht energischer auf Ablieferung der schuldigen Pflichtexemplare bestehe, sowie endlich daß er dem Bücherkommissar bei seinem Einschreiten nicht sofort hilfreiche Hand leihe. Diese Vorwürfe kehren oft mehreremal in einem und demselben Jahre wieder, sei es einzeln, sei es vereinigt. Hörnigk hatte ein sehr naheliegendes Interesse daran, sie nicht erkalten zu lassen, denn solange sie in der Luft schwirrten, so lange seinen, des übereifrigen Konvertiten, Insinuationen geglaubt wurde, konnte er um so rücksichtsloser gegen den Rat vorgehen. Zwar bot dieser in Wirklichkeit gar keinen Anlaß zu Klagen und Verdächtigungen; im Gegenteil, er war zu ängstlich und setzte, worauf schon wiederholt hingewiesen wurde, dem Kaiser nicht einmal den durch die Reichsverfassung ihm ermöglichten Widerstand entgegen. Höchstens schwingt er sich, wie z. B. 20. März 1655, zu dem Einwand auf, „daß den Obrigkeiten jedes
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 660. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_10.djvu/053&oldid=- (Version vom 1.8.2018)