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und Verbreitung der Schätze des Altertums und der frühern Jahrhunderte unter ihren Zeitgenossen angelegen sein zu lassen.[1] Bei gleichzeitigen Gesetzen und ähnlichen Schriftwerken sollte die Gewährung eines Druckprivilegiums eine Belohnung, vielleicht auch einmal geradezu eine Bezahlung für den Drucker oder Buchhändler für den von ihm unternommenen Druck sein[2], wie denn überhaupt in der Mehrzahl der Fälle die Erteilung eines Privilegiums als eine reine Gunstbezeigung erscheint und oft genug ohne jede Prüfung der Berechtigung (nach heutigen Begriffen) dem ersten Bewerber zuteil wird.[3] Dagegen wurde allerdings den Impetranten von Privilegien, wenn diese Buchhändler oder Buchdrucker waren, im Interesse des Publikums zur Pflicht gemacht, den Werken eine entsprechende Ausstattung zuteil werden zu lassen, für gutes Papier, gute Typen und korrekten Satz zu sorgen.[4] In der spätern Zeit machte sich noch ein ganz anderes Moment bei der Erteilung der Privilegien geltend. Man gewöhnte sich mehr und mehr daran, dieselben als eine Einnahmequelle zu betrachten. Regelmäßig mußten für die Privilegien gegen den Nachdruck Gebühren entrichtet und Freiexemplare in nicht geringer Zahl abgeliefert werden. Eifert doch die Instruktion des Kaisers Rudolf II. für die kaiserliche Bücherkommission vom 15. März 1608 gegen die Buchdrucker und Buchhändler, welche auf ihre Bücher die Worte cum gratia et privilegio (unter Auslassung des Wortes Caesareo) setzten und dadurch das Publikum zu dem Glauben verleiteten, daß für diese Bücher ein kaiserliches Privilegium gegeben, „da doch keines von ihnen gesucht, weniger erlangt worden“, nicht nur deshalb, weil unter diesem „Schein viel vngereumbte Sachen eingeschleifft und in Truck gefertigt werden“ und dadurch die kaiserliche „reputation“ lädirt, sondern auch, weil dadurch die „gebührende Taxa“ geschmälert würde.[5] Und von der jenenser Juristenfakultät wird in einem Bedenken vom November des Jahres 1722[6] die Rechtswidrigkeit des Nachdrucks nichtprivilegierter Bücher unter anderm auch deshalb in Abrede gestellt, weil „in foro humano hohe Potentaten nicht leichtlich zugeben, wenn privati ohne erhaltene Privilegien sich so viel herausnehmen, und anderen Leuten das Nachmachen, Nachdrucken und Verkaufen verbieten wollen, wodurch die privilegia und monopolia, welche hochgedachten Potentaten merkliche Summen eintragen, nur geringschätzig werden“. Es wurde denn auch mit kaiserlichen Privilegien ein förmlicher Handel getrieben.


Fußnoten

  1. So begründet Erasmus in einem Briefe an Bilibald Pirckheimer vom 27. Januar 1522 (Erasmi opera T. III, pars 1. p. 707 das Verlangen nach einem imperatorium interdictum, ne quis librum primum a Frobenio excusum … excudat intra biennium, durch den Hinweis darauf, daß Froben imensam pecuniam impendit in castigatores, frequenter et in exemplaria.
  2. So erteilt Kaiser Maximilian I. dem Drucker Mathias Schürer das Privilegium – wie es in diesem heißt – ex innata benignitate, qua cos complectimur, qui pro communi studiosorum utilitate continuo insudant, und er begründet dasselbe damit, daß nemini officium suum damnosum esse debeat, et ne desiderium tuum huiusmodi iacturae et fraudationis metu (nämlich durch den Nachdruck Verluste zu erleiden) refrigescat. (S. das Privilegium bei Pütter, Büchernachdruck. S. 172.)
  3. Dies ist ganz unumwunden ausgesprochen in dem Privilegium Karls V. für den von Johann Schöffer zu Mainz besorgten Druck des Reichsabschieds von 1521. Hier heißt es, nachdem der Kaiser hervorgehoben, daß er „aus beweglichen Ursachen“, dem Johann Schöffer den schleunigen Druck des Reichsabschieds aufgetragen, „dieweil er sich nun des uns zu unterthänigem Gehorsam und Gefallen etwas mit Unstatten unternommen, damit er dann desselben wiederum, wie billig, ziemliche Ergetzlichkeit empfange“ u. s. w. S. das Privileg bei Pütter a. a. O. S. 173.
  4. Vergl. A. Kirchhoff, Zur ältern Gesch. der kursächs. Privil. Im Archiv VII, 147.
  5. So heißt es in einer Erklärung, welche die leipziger Buchhändler auf die Aufforderung der kurfürstl. Bücherkommission, die Pflichtexemplare von den privilegierten Büchern einzusenden, unter dem 5. März 1616 abgeben und worin sie über die Höhe der Unkosten des Verlagsgeschäfts klagen, „dannenhero zu vnsern nicht geringen schaden verhindert wirdt, daß wir inhalts höchst besagter Churf. privilegien die bücher auff gut weiß vndt gleiches pappier nicht können drücken lassen“. (A. Kirchhoff, Zur ältern Gesch. der kursächs. Priv. Im Archiv VII, 155.) Auch in dem auf diese Erklärung erlassenen kurfürstlichen Bescheid vom 3. Juli 1616 wird der Bücherkommission aufgegeben, den Buchhändlern einzuschärfen, „das in künfftige Sie bey verlust vnserer privilegien zu den Büchern guth Pappier, reine Schrifften vnd fleißige correctores gebrauchen“ (a. a. O. S. 159). Vergl. das Intercessionsgesuch der Gebrüder Stern in Lüneburg an den Herzog von Braunschweig vom 29. Juli 1637, mitgeteilt von A. Kirchhoff, Aus den Akten der kurf. sächs. Bücherkommission. Im Archiv VIII, 68 fg.; s. auch das. S. 70.
  6. Die Instruktion ist abgedruckt in dem Archiv IV, 102 fg. (A. Kirchhoff, Zur Gesch. der kais. Bücherkommission in Frankfurt a. M.), aber auch schon früher öfter, so bei Pütter, Büchernachdruck. S. 178 fg. Übrigens hatte bereits Kaiser Maximilian II. im Jahre 1569 dem Rate der Stadt Frankfurt a. M. aufgegeben, „auf diejenigen zu inquiriren, so seit fünf Jahren entweder für die Bücher setzeten, mit kaiserl. Freiheit, deren sie doch keine hätten, oder auch sonst unter dessen Scheine, allerlei untüchtige Sachen drucken ließen, noch den in den Privilegien enthaltenen Bedingnissen nachkämen, noch die Exemplarien lieferten“. (Orth, Von den berümten zwoen Reichsmessen, so in der Reichsstadt Frankfurt a. M. jährlich gehalten werden. Frankfurt a. M. 1765. S. 505. Auch bei Pütter, Büchernachdruck. S. 176. A. Kirchhoff a. a. O. S. 100.)


Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 746. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_11.djvu/011&oldid=- (Version vom 1.8.2018)