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Seite:Geschichte des Kölner Stadtarchivs (Leonhard Ennen).djvu/03

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Leonhard Ennen: Geschichte des Kölner Stadtarchivs. In: Archivalische Zeitschrift. II. Band. S. 89-109

errangen. Auch als Stadt und Kurstaat ihre gesonderten Bahnen gingen, blieb die kölnische Geschichte bedeutungsvoll. Auch das Bürgerthum ertrotzte sich hier eine selbständige politische Stellung und eine gesicherte Verfassung, und hier entwickelte sich inmitten der blutigsten innern und äussern Kämpfe eine unabhängige Stadt, die in Bezug auf Pracht, Reichthum und politische Macht jede andere Stadt des deutschen Reiches weit hinter sich zurückliess. In socialer, künstlerischer, kirchlicher, wissenschaftlicher und staatlicher Beziehung hat Köln bis zum Untergang des deutschen Reiches eine Stellung behauptet, wie solche der Vergangenheit und Einwohnerzahl der Stadt entsprach.

Alles nun, was geeignet ist, Licht über die Entstehung, das Wachsthum, die Kraft, den Reichthum, die Cultur und die Kunst einer solchen Stadt zu verbreiten, muss als eine willkommene Bereicherung der historischen Wissenschaft mit Freuden begrüsst werden.

Nichts aber kann bezüglich solcher Beleuchtung grössere Bedeutung beanspruchen, als die Urkunden und Aktenstücke des städtischen Archivs.

Diese Archivalien sind im Stande, uns die vergangenen Jahrhunderte zur lebendigen Gegenwart zu gestalten und die untrüglichsten Zeugen der früheren Sitten und Zustände uns vor Augen zu führen. Je höher wir in das Alterthum unserer Stadt hinaufsteigen, desto spärlicher fliessen solche schriftliche Quellen und Zeugnisse. Wie gering auch die Zahl der Schriftstücke sein mag, durch welche in der römischen und fränkischen Periode öffentliche oder Privathandlungen documentirt wurden, so könnte auf dem Gebiete der Geschichte nach mancher Richtung noch helles Licht verbreitet werden, wenn solche Aktenstücke der Zerstörung, Verwüstung und dem Moder entgangen wären.

Das Kölner Stadtarchiv besitzt kein einziges Document, welches über das zwölfte Jahrhundert hinaufreichte. Was aus der Römerzeit an Schriftstücken sich vorfand, wurde von den Franken vernichtet. Die Franken brachen mit dem römischen Wesen; neue, aus germanischen Keimen entsprossene Verhältnisse wollten sie gestalten; darum durften in der Zeit, wo Schriftstücke nur praktischen Werth hatten, solche Stücke nicht bleiben.

Ein ähnliches Schicksal hatte die Stadt im neunten Jahrhundert bei den verderblichen Raubzügen der Normannen. Als diese in schrecklicher Wildheit auf ihrem zweimaligen Raubzuge mit Feuer und Schwert die reiche Stadt heimsuchten, Tod, Verderben und Verwüstung

Empfohlene Zitierweise:
Leonhard Ennen: Geschichte des Kölner Stadtarchivs. In: Archivalische Zeitschrift. II. Band. S. 89-109. Stuttgart: W. Spemann, 1877, Seite 91. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_K%C3%B6lner_Stadtarchivs_(Leonhard_Ennen).djvu/03&oldid=- (Version vom 17.8.2016)