Seite:Gloekler Land und Leute Bd3.djvu/396

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Johann Philipp Glökler: Land und Leute Württembergs, Band 3

2.

Setzen wir uns in das Gartenhäuschen, um uns noch einen Augenblick mit der Vergangenheit zu beschäftigen! Obgleich wir schon in dem Gebiete der Geschichte verweilten, so dürfte ein näherer Einblick in die Erlebnisse der Burg und der Stadt nicht gerade überflüssig erscheinen.

Wir haben schon so Verschiedenes über die „Welfen“ gehört, daß wir zunächst wohl ihr Geschlecht sollten kennen lernen. Ueber den Ursprung ihres Namens geben gelehrte Forscher gelehrten Aufschluß. Die Sage weiß ebenfalls davon zu erzählen. Hören wir ihren Bericht!

Zu der reichen Gräfin von Altdorf im nahen Scherzachthale kam einst ein armes Weib und bat um eine Gabe für sich und ihre hungernden Kinder. Aber die Gräfin wies das Weib hartherzig ab und schmähte die Bettlerin noch.

Diese, erbittert und tiefgekränkt, wünschte der Gräfin, daß sie zwölf Kinder zumal gebären möge. Nicht lange nachher gieng dieser Wunsch der Bettlerin in Erfüllung. Zwölf Knaben erfüllten auf einmal das Schloß mit ihrem Geschrei. Darüber entsetzte sich die Gräfin gar sehr. Ihr Gemahl war zu dieser Stunde glücklicherweise ausgegangen. Um ihn nun nicht allzusehr in Schrecken zu versetzen, schickte sie auf der Stelle ihre Magd mit elf Knaben fort und befahl ihr, die Jungen in die nahe Scherzach zu werfen, damit sie daselbst ertränken. Zugleich bemerkte sie der Magd, so sie Jemand anhalte und befrage, solle sie sie nur sagen, sie müsse junge Hunde ertränken.

Empfohlene Zitierweise:
Johann Philipp Glökler: Land und Leute Württembergs, Band 3. Stuttgart: C. Cammerer, 1863, Seite 388. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gloekler_Land_und_Leute_Bd3.djvu/396&oldid=- (Version vom 1.8.2018)