Johann Philipp Glökler: Land und Leute Württembergs, Band 3 | |
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Schon war die Magd mit ihrem Korbe bis in die Nähe des Mühlbachs gekommen; da traf es sich, daß gerade der Graf des Weges kam. Der fragte sie, wohin sie wolle und was sie denn im Korbe habe. Die Magd that, was ihre Frau sie angewiesen hatte. Aber der Graf gab sich mit der erhaltenen Antwort nicht zufrieden; er verlangte die Hunde zu sehen. Wie die Magd sich wehren mochte: es half Alles nichts, und am Ende beichtete sie dem Grafen die ganze Geschichte. Dieser befahl nun der Magd tiefes Schweigen; sie solle der Gräfin nur sagen, daß sie ihren Auftrag vollzogen habe.
Hierauf ließ er die elf Knaben zu einem Müller tragen, der in der Nähe der Scherzach wohnte, und der Müllerin empfahl er, für die Kleinen zu sorgen und sie liebevoll zu pflegen. Die Knaben wuchsen auch rüstig und wacker heran, und es gedieh einer so lieblich als der andere. Als sie das siebente Jahr erreicht hatten, veranstaltete der Graf ein großes Fest, zu dem viele vornehme Gäste geladen wurden. Während des Essens brachte der Graf, wie zufällig, das Gespräch auf verschiedene Verbrechen und fragte dann die Gäste, welche Strafe sie für jedes derselben ansetzen würden. Jeder Gast äußerte seine Meinung freimüthig. Endlich kam auch die Reihe an die Gräfin, seine Gemahlin, und der Graf fragte sie, welche Strafe wohl eine Mutter verdiene, die elf Kinder umgebracht habe. „Ei“, sagte die Gräfin rasch, „die verdiente, daß man sie lebendig in Oel siede.“ „So hast du dir selber dein Urtheil gesprochen“, versetzte der Graf und öffnete eine Seitenthüre, durch welche er elf stattliche Knaben hereintreten ließ. Zudem erzählte er seinen Gästen die ganze Geschichte. Die Gräfin aber
Johann Philipp Glökler: Land und Leute Württembergs, Band 3. Stuttgart: C. Cammerer, 1863, Seite 389. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gloekler_Land_und_Leute_Bd3.djvu/397&oldid=- (Version vom 1.8.2018)