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Johann Philipp Glökler: Land und Leute Württembergs, Band 3

verheerende Seuchen, die eine vom Jahr 1541, welche – nach den Worten der Kronik – über tausend Menschen schnell wegraffte; die andere wüthete im Jahr 1558; die Kronik nennt diese Seuche die „rothe Ruhr“ und sagt, sie habe im Monat August über hundert Kinder „gefressen.“ Da das Ruthenfest regelmäßig und seit uralter Zeit im August, und zwar am Montag nach Mariä Himmelfahrt gefeiert wird, so wäre gar nicht unmöglich, daß die letztgenannte Seuche die wirkliche Veranlassung des Festes gewesen. Auch im Jahr 1634 war, nach derselben Kronik, ein großer „Sterbent“; täglich wurden 40 Menschen begraben und in wenigen Monaten waren über zweitausend Personen gestorben; die evangelische Schule zählte nur noch 4 bis 5 Kinder.

4.

Verlassen wir nun die Stadt, um uns auch in der Umgegend umzusehen. Wir gehen durch die Heiligkreuzvorstadt nach Altdorf und Weingarten. Links von dieser Vorstadt liegt die berühmte mit hohen Linden besetzte Kuppelnau. Der Weg ist äußerst angenehm. Die Thürme Weingartens ragen schon hervor. Noch etliche Schritte und wir haben Altdorf, den einzigen Ort von Bedeutung im Oberamt Ravensburg, betreten. Es war ehemals der Hauptort der östreichischen Landvogtei, liegt in fruchtbarer, freundlicher Gegend und bietet mit den schönen Klostergebäuden einen äußerst malerischen Anblick dar. Die Scherzach durchrauscht den Ort, der etwa 2500 Einwohner zählt. Altdorf ist zugleich eine der ältesten Pfarreien Oberschwabens. Droben am Martinsberg saß jenes mächtige Geschlecht der Welfen, das wir bereits kennen lernten. Am Fuße der Martinsburg

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Johann Philipp Glökler: Land und Leute Württembergs, Band 3. Stuttgart: C. Cammerer, 1863, Seite 405. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gloekler_Land_und_Leute_Bd3.djvu/413&oldid=- (Version vom 1.8.2018)