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Johann Philipp Glökler: Land und Leute Württembergs, Band 3


ausführliche Beschreibung deß Hochheiligen Herz- und Seitenbluts Christi Jesu, welches von Longino, dem Soldaten, erstlich nach Mantua gebracht etc. Altdorf, 1735.“ Dieser Longinus soll derselbe Kriegsknecht gewesen sein, der dem Erlöser mit einem Speer die Seite öffnete; glaubig soll er einen Theil des Blutes in einem Gefässe aufgefaßt und dasselbe später in Mantua vergraben haben. Nachher dort aufgefunden, sei es in drei Theile getheilt worden, wovon der eine in Mantua geblieben, der andere nach Rom gebracht und der dritte von Kaiser Heinrich III. zur Hand genommen, durch diesen aber an den Grafen Balduin von Flandern und hierauf an dessen Tochter, die Gemahlin Welfs IV., übergegangen sein soll, die dann dem Kloster Weingarten im Jahr 1090 damit ein Geschenk machte. Es ist in einem Gefäß, reich in Gold mit Edelsteinen gefaßt, aufbewahrt und wird hoch in Ehren gehalten. Alljährlich wird es am Tage nach dem Himmelfahrtsfest, am Blutfreitage, in einer großartigen Prozession herumgetragen. Von nah und fern erscheinen Tausende, um an dieser Handlung Theil zu nehmen. Das Fest selber führt den Namen „Blutritt.“ Ein junger katholischer Geistlicher, hoch zu Rosse sitzend, trägt die Reliquie in den Händen. Viele hundert berittene Landleute folgen dem Vorreiter. Die Musikchöre aus der ganzen Umgegend und unzählige Wallfahrer begleiten den Zug. Das ganze Fest hat den Charakter eines Volksfestes. – Durch den Ritt und die Herumtragung des Blutes sollen die Felder und ihr Ertrag gesegnet werden, daß ihnen kein Wetter schadet. Der Ritt geht seit alter Zeit immer durch die Scheuer eines Bauern in der Nähe von Weingarten. Einer der Teilnehmer hat die heilige Blutglocke, die während des

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Johann Philipp Glökler: Land und Leute Württembergs, Band 3. Stuttgart: C. Cammerer, 1863, Seite 408. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gloekler_Land_und_Leute_Bd3.djvu/416&oldid=- (Version vom 7.5.2018)