Seite:Graesse Sagenschatz Sachsens II 007.jpg

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nach Chemnitz führt, befindet sich noch heute ein Gasthof, zum Paradies genannt, der ehedem aber das Ochsenhaus oder der Rathsweinkeller hieß und seinen Namen von seiner schönen Lage und den herrlichen Linden, die in seiner Nähe stehen, erhalten haben soll. Nach einer unverbürgten Sage rührt aber derselbe davon her, daß, als Luther einst zu Zwickau war und seine Predigten solchen Eindruck auf das Volk machten, daß dasselbe endlich das Kloster oder den Grünhainer Hof stürmte, die Mönche eines Abends Luthern zu einem angeblichen Kranken in eine entlegene Straße lockten, um ihn zu ermorden. Es gelang jedoch dem großen Reformator, sich ihren Händen zu entreißen und in ein offenstehendes Haus zu flüchten, zu dessen Besitzer er sagte, dies Haus sei für ihn ein wahres Paradies geworden, und davon habe dasselbe den Namen behalten.


608) Der bestrafte Gotteslästerer zu Zwickau.
Misander, Deliciae Hist. S. 277 sq., S. a. Schmidt Bd. II. S. 437 sq.

Im Herbst des Jahres 1594 ist zu Zwickau M. Wolfgang Raabe, eines Tuchmachers Sohn, Geistlicher daselbst verstorben, welcher etliche Jahre rasend gewesen war und an Ketten gelegen hatte. Es hat ihn aber Gott also wegen Gotteslästerung gestraft. Als nämlich etliche Professoren zu Wittenberg die gotteslästerische calvinische Lehre eingeführt, hat sich dieser M. Raabe auch mit verführen lassen, und ist es mit ihm so weit gekommen, daß er sehr schimpfliche und gotteslästerliche Reden, vornehmlich vom Abendmahl ausgestoßen, worauf er bald seiner Sinnen beraubt und thörigt worden. Nachdem ihm nun seine Eltern nach Hause bringen lassen, ist’s nicht besser mit ihm geworden, sondern er hat sich stets ungeberdig und in Reden leichtfertig gezeigt. Dabei hat er sehr gefressen (maßen er dieses Wort in seiner Gotteslästerung auch gebraucht) und ist nicht zu ersättigen gewesen. Endlich als etliche Knaben mit einem verdorbenen Kürbis auf der Gasse gespielt und sich mit den Stücken geworfen, hat er an

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_II_007.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)