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671) Das Schnitzwerk in der Kirche zu Neumark.
S. Köhler a. a. O. S. 608.

Dieses berühmte Schnitzwerk befindet sich am herrschaftlichen Chor und soll von dem Diener eines Herrn von Römer, denen das Gut schon lange gehört, ausgeführt worden sein. Ueber die Entstehung dieser Schnitzerei wird erzählt, der Künstler habe einer Unthat wegen aufs Zuchthaus kommen sollen, habe sich aber die Gnade ausgebeten, vorher diese Arbeit ausführen zu dürfen. Man gestattete es ihm, aber er soll seine Arbeit nie vollendet haben, so daß er dem erbetenen Worte gemäß auch seine Strafe niemals verbüßt hat.


672) Pumphut in der Burkhardtsmühle.
Bearbeitet von Julius Schanz; sonst auch bei Bechstein S. 478. Metrisch beh. v. E. Hager H. II. S. 8 sq.

Es mag wohl schon lange her sein, als im Voigtlande ein alter Müllerbursche, mit Namen Pumphut, lebte, der dem Wasser nach von Mühle zu Mühle ging. Wo es ihm gefallen mochte, da blieb er und für ein Glas Branntwein und ein Stück Brot machte er zur Ergötzung der Müllersleute und ihrer Nachbarn viel lose Schwänke und spaßige Dinge. Wo man ihn gut aufnahm, da ging er mit zufriedener Miene fort; wo sie ihm aber schlechte Kost vorsetzten oder ihn gar hungrig gehen ließen, da spielte er oft den Leuten arg mit.

In der Burkhardtsmühle waren alle Müller der Umgegend versammelt mit ihren Weibern und schönen Töchtern und es ging lustig darinnen zu. Die Fidel und der Dudelsack durften dabei nicht fehlen und die Müllerin hatte schon manche geleerte Flasche herausgetragen. „Halt“, dachte der Pumphut, der zufällig vorbeischritt, „da giebt es einen Schmaus, das ist so Etwas für Dich!“ Er trat ohne viele Worte zu machen in die volle Gaststube und setzte sich in einen Winkel.

Empfohlene Zitierweise:
Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 65. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_II_065.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)