Seite:Graesse Sagenschatz Sachsens II 238.jpg

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sollte. Da trat eins der grauen Männchen zu dem Kasten heran und öffnete durch einen Tritt darauf denselbigen. Welch Wunder! Ein langes, schneeweißes Menschengerippe richtete sich empor und wandte die hohlen Augenhöhlen nach allen Seiten umher. Die grauen Männchen winkten freundlich dem staunenden Cavalier, näher zu dem unermeßlich reichen Schatze zu treten. Er that es, doch im Nu sank unter fürchterlichem Getöse die gefüllte Braupfanne in ein unterirdisches Gewölbe hinab, und der Boden verschloß sich wieder. Ein gellendes Gelächter erschallte aus dem Munde der Berggeister, das bleiche Gerippe aber verfolgte den aus der Halle entfliehenden Cavalier mit einem blinkenden Messer in der knöchernen Faust. Sobald der Cavalier aus dem Bereiche des Schlosses war, sah er sich wieder allein. Kein Lüftchen regte sich und schweigend blickte der volle Mond auf den bleichen Ritter und auf die hohen Schloßruinen herab, doch nicht mehr gelüstete es ihn, nochmals in das Gemäuer zurückzukehren.

IV. Ein armer Knabe hütete einst auf dem Stromberge Kühe; als er nun aber müssig da und dort herumschlenderte, siehe! da lag plötzlich zu seinen Füßen ein Goldstück. Er bückte sich, um es aufzuheben, aber indem er dies that, blitzte ihm schon wieder ein anderes in die Augen, schnell langte er auch nach diesem, doch schon wieder ein neues glänzte daneben aus dem Grase hervor. So ging es immer fort, und schon hatte der Knabe 10 der schönsten Goldstücke in seine Mütze zusammengelesen, als ihm auch noch ein 11tes vor den Augen spiegelte. Auch dieses wollte er sich zueignen, doch dies war schon zu viel verlangt, eben als er sich darnach bückte, erhielt er von unsichtbarer Hand einen derben Backenstreich. Aber mit diesem waren auch seine ersten bereits gesammelten Goldstücke im Nu wieder verschwunden und er blieb alles Suchens ungeachtet so arm, als er vorher gewesen war.

V. Eine Frau, die am Fuße des Stromberges, wo einige Häuser stehen, wohnte, gewahrte einstmals, und zwar des

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 238. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_II_238.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)