Seite:Graesse Sagenschatz Sachsens II 351.jpg

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über die Wipfel der danebenstehenden großen Fichten. Da es aber 12 Uhr schlug war Alles wieder ruhig und auch den Meiler fanden die Leute ganz in seiner Ordnung, nur daß statt der Wurzeln Todtengebeine darauf herumlagen. Man scharrte sie wieder ein, wobei sich eine Stimme hören ließ, welche rief: „wir wollen auch unsere Ruhe haben!“


39) Das sechste und siebente Buch Mosis.[1]
S. Eisel a. a. O. Nr. 522. 585. Greß a. a. O. S. 48 fgg.

Das Eichhornsche Haus in Tautenhain ist ein gefeites Haus, da geht seit undenklichen Zeiten bei Tag und Nacht eine schwarze Katze um, Niemand kann sich erinnern, daß sie je von irgend wem gefüttert worden sei, aber da sie Niemandem etwas zu Leide thut, so läßt man sie gehen.

Nun sollte aber in demselben Hause auch das 6. und 7. Buch Mosis zu finden sein, ein Zauberbuch, von dem man glaubt, daß dem, der es zu lesen verstehe, alle Schätze der Welt, der Stein der Weisen etc. zu Theil würden. Man wußte aber auch, daß wer es unrecht damit anfängt, unglücklich dabei wird, deshalb hielt man den Besitz desselben durchaus für kein Glück, man fürchtete im Gegentheil, daß es dem Dorfe Unglück bringe.

Einem armen Schneider, der darum nachsuchte, das Buch ansehen zu dürfen, wollte es der Besitzer deshalb durchaus nicht gestatten. Endlich gab er ihm aber doch eine Laterne und ließ ihn in den Keller, wo das Buch sich befand, hinabsteigen. Unser Schneider nahm dort Platz auf einem Lehnstuhle und begann sogleich zu lesen. Aber es rauschte und sauste um ihn ganz greulich herum; aus dem Buche stoben Eulen und Raben heraus, und Geisteraugen blickten ihn dabei aus allen Ecken an; ja zuletzt wußte er gar nicht einmal mehr, was er las. Wie nun seine Angst zum Höchsten gestiegen


  1. Eine ähnliche Geschichte ist oben Bd. II. S. 59 fgg. erzählt.
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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 351. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_II_351.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)