Seite:Graesse Sagenschatz Sachsens II 362.jpg

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sah zwischen 6 und 7 Uhr früh, wie vom Hofe aus Steine, die vorher nicht dagelegen hatten, auf das Stalldach flogen. Er sah auch, daß einige Steine aus dem Gange bei der Baumgartenthüre um die Scheunenecke herum und folglich in einem halben Zirkel auf die Seite hinausgeworfen wurden, was doch nach den Gesetzen des Wurfes überhaupt unmöglich war. Der Geistliche befragte nun in besagtem Gange das geheimnißvolle Wesen, wer da sei und werfe, erhielt jedoch keine Antwort, wohl aber kamen nun die Steine von Außen über die Hofmauer so geschwind und häufig aufs Stalldach geflogen, daß es förmlich Steine zu regnen schien, ein Stein ward nach dem Pastor selbst geworfen, traf aber nicht.

Am 2. August wurden früh zwei Steine bei der Treppe gefunden, dann aber wurde bald an der Haus- bald an der untern, bald an der obern Stubenthüre mit erstaunlichem Krachen geworfen. Wenn die Hausbewohner in der Unterstube beisammen waren, kamen Steine und Kalkstücken vom Ofen her, flogen mitten durch sie hin und schlugen mit lautem Schall meistens auf das Thürschloß im mittleren Felde und als der Pfarrer den Spruch I. B. Mos. C. 3. V. 15 „des Weibes Saamen soll der Schlange den Kopf zertreten“, auf dieses Feld schrieb, dann flogen die Kalkstücke ins obere oder untere Feld. Dies geschah meistens zur Essenszeit, Abends hörte es auf und früh ward dann bald außen bald innen geworfen. Wo die Steine her waren, war nicht zu ersehen, manchmal klebten graue Haare daran, einmal war auch einer mit Garn umwunden. Einmal, am 3. August, warf es dreimal zu gleicher Zeit, im Kuhstall, wo es die Viehmagd sah, im Keller, wo die Hausmagd war, und im Waschgewölbe, wo das Kindermädchen war. Weiterhin war es auch in der obern Vorderstube und im Saal, und ein großer Stein flog auch an die Schlafkammerthüre der Mägde, die deshalb schreiend herunterliefen. Am 4., während der Pfarrer in Jena war, um sich Raths zu erholen, warf es nicht blos Mittags auf das Stalldach, sondern auch in der untern Wohnstube die Fenster ein. Nach seiner Zurückkunft stellte der Pfarrer seine

Empfohlene Zitierweise:
Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 362. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_II_362.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)