Seite:Graesse Sagenschatz Sachsens II 403.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Wasserholen an Kröpfen litten, so hat doch gegenwärtig jener Fluch, wenn er überhaupt ausgesprochen ward, keine Bedeutung mehr, da die Stadt sich lange schon einer vortrefflichen Wasserleitung erfreut.


99) Die Gräfin von Orlamünde.
S. meine Preuß. Sagen Bd. I. S. 15.

Im Jahre 1284 starb Graf Otto II von Orlamünde und hinterließ seine Frau Agnes als Wittwe mit zwei kleinen Kindern, Hercules und Herculisca. Doch die lebenslustige Gräfin, eine geborne Gräfin von Meran, der auch sonst noch die Plassenburg in Franken gehörte, legte bald den Trauerschleier ab und sah sich nach einem Tröster in ihrem verwaisten Hause um. Als solcher erschien ihr der Markgraf von Brandenburg, Albrecht der Schöne, und von heftiger Leidenschaft für den stattlichen Mann ergriffen, beschloß sie, es möge kosten was es wolle, seine Liebe und Hand zu gewinnen. Allein der Markgraf blieb auffällig kalt gegen sie und gab ihr durchaus keine Hoffnung, daß er irgendwie das Band der Ehe mit ihr eingehen wolle. Es war nämlich schon zwischen dem Markgrafen und der Gräfin Sophie von Henneberg eine Verbindung im Gange, welche namentlich die Aeltern des Markgrafen wünschten. Gleichwohl ward der Gräfin hinterbracht, Albrecht hätte, als man ihm unter der Hand von der Neigung der Gräfin zu ihm gesagt, die Aeußerung fallen lassen „wenn vier Augen nicht wären“. Dieses, was aber von Albrecht wohl auf seine Aeltern bezogen war, deutete die Gräfin auf ihre beiden unschuldigen Kinder, das eine ein Söhnlein von drei, das zweite ein Töchterlein von zwei Jahren und faßte verblendet von ihrer unsinnigen Leidenschaft für den Markgrafen den schwarzen Entschluß ihre Kinder aus dem Wege zu räumen. Darauf gewann sie durch das Versprechen hohen Lohnes einen Dienstmann, Haider oder Hager, die Kinder umzubringen. Als

Empfohlene Zitierweise:
Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 403. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_II_403.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)