Seite:Graesse Sagenschatz Sachsens I 138.jpg

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Katharine Ullmannin Sonntags früh mit ihrer Tochter beim Thoröffnen in die Haide gegangen, sie hatten anfangs Holz gesucht, dann aber Eicheln auflesen wollen, bis es um 11 Mittags geworden. Als sie nun zur Predigt läuten hören, ist die Tochter Margarethe, des Postboten Nic. Heydenreichs Eheweib, weil es sehr geregnet, fortgegangen, und die Mutter, welche linker Hand an der Radebergischen Straße an einem Grunde bei dem Fischhause nicht weit von dem Orte, der das verlorene Wasser heißt, stand, hat eine Viertelstunde nachher ein Jägerhorn stark blasen hören, dann ist etwas stark gefallen, als wenn ein starker Baum umstürze, und sie erschrocken und in der Meinung, daß es Förster wären, hat ihr Säckchen mit Eicheln ins Gestrüppe getragen, da hat sie wiederum blasen hören, und als sie sich umgesehen, da ist ein Gespenst zwei Schritte von ihr vorüber geritten, das folgendermaßen ausgesehen. Ein Grauschimmel mit Sattel und Zeug trug einen Reiter ohne Kopf, der hatte einen grautuchenen Rock an, einen Hirschfänger an der Seite, ein Jägerhorn auf dem Rücken, und trug schwarze Stiefeln mit Spornen. Der ist anfangs schnell, dann langsam vorübergeritten, so daß sie ihm ziemlich weit am Hange reitend hat nachsehen können, und ist sie bis halb 3 Uhr dort allein geblieben und hat sich mit Eichelsuchen beschäftigt. Den neunten Tag hernach, als am 22sten October, eines Montags früh ist dieselbe Frau früh abermals in die Haide gegangen und hat da bis Mittags nach 11 Uhr Eicheln gesammelt, und als sie sich rechter Hand an der Radeberger Straße beim Fürstenberge im Gestrüpp neben ihrem Eichelsack niedergesetzt und einen Apfel geschält, hat sie eine Stimme gehört, die folgende Worte gesagt: „Habt Ihr den Sack voll, seid Ihr auch gepfändet worden, so habt Ihr gute Förster?“ Sie antwortete: „Ja die Förster sind fromm, sie haben mir nichts gethan.“ „Ach Gott! sei mir armen Sünder gnädig.“ Als sie auf der Seite aufwärts gesehen, sey ein Mann an ihrer rechten Seite ohne Pferd gestanden, der habe den Kopf mit bräunlichen und krausen Haaren unter dem linken Arme gehabt, daß man das

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 138. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_138.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)