Seite:Graesse Sagenschatz Sachsens I 153.jpg

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Stellung und sehr dickem Kopfe Gelegenheit zu der Sage von den Schätze bewachenden Zwergen gegeben.


164) Der Singestein bei Postelwitz.
Romantisch bearb. v. Gottschalck, Deutsche Volksmärchen. Leipzig 1845. Th. I. S. 153–162.

Am rechten Elbufer ziemlich Pirna gegenüber liegt das Dorf Postelwitz und in der Nähe desselben erhebt sich ein hoher Felsen, genannt der Singestein, von dem aus man eine herrliche Aussicht ins Elbthal genießt. Hier kommt an Sonn- und Festtagen, sowie an schönen Sommerabenden die Postelwitzer Jugend zusammen und treibt da muntere Spiele, obgleich die Sage von der Entstehung des Namens uns eher trübe als heiter stimmen möchte. Es soll nämlich einst zu Pirna ein Hirt gewesen sein, der seine Schaafe früh stromaufwärts und nach Tische stromabwärts am Elbufer weidete. Schön war er, das wußten alle Mädchen der Umgegend, allein noch kannte er die Liebe nicht, er freute sich seiner Jugend, liebte seine Heerde, allein alles Andere kümmerte ihn wenig. Gewöhnlich lagerte er sich am Nachmittag unter einem dicht belaubten Baume, sah seine Lämmer um sich herum spielen, bließ sich ein Liedchen auf seiner Schalmei und verträumte so den Tag im süßen Nichtsthun. Siehe, als er sich wieder einst so ins Grüne gelagert hatte, da erblickte er am andern Ufer eine schöne Jungfrau, welche eine Heerde Ziegen weidete, am andern und den folgenden Tagen war Hirtin und Heerde wieder da und so gewöhnte er sich daran, täglich hinüber nach dem Mädchen zu sehen, und siehe auch dieses schaute zu ihm herüber so freundlich und liebreich, daß er seine Schalmei ergriff und ihr ein Liedchen hinüber spielte. Wie freute er sich aber, als diese ihm mit lieblicher Stimme eine Antwort sang, er zeigte mit seiner Hand hinüber, die Jungfrau winkte ihm und wieß auf den nahen Felsen. Als es nun Abend geworden war, da eilte er

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 153. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_153.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)