Seite:Graesse Sagenschatz Sachsens I 171.jpg

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ästigen angefällten Baume täglich diesen Felsen bestiegen und hier ihr Gebet verrichtet habe. Noch 1691 soll ein alter Mönch ebendahin gewallfahrt sein, und das Volk erzählt sich nun, dieser und die Nonne seien ursprünglich ein Liebespaar gewesen, welches aber durch die Eifersucht des Jünglings getrennt worden sey, worauf Beide in zwei nahegelegene, nur durch die Elbe getrennte Klöster gegangen wären, und jeden Morgen habe nun die Nonne den nach ihr genannten Felsen bestiegen und sehnsüchtig nach einem andern gegenüberliegenden Felsen, den deshalb so genannten Mönchsstein geblickt, weil sie gewiß gewesen, dort ihren früheren Geliebten aus gleicher Ursache zu erblicken. Von beiden Klöstern ist nur noch weniges Gestein übrig, aber noch zu Anfange dieses Jahrhunderts zeigte man die Zelle des Mönchs in den Ruinen.[1]


191) Wie die Familie derer von Bünau einst in den Besitz von Prossen[2] gekommen ist.
Süsse S. 231.

Es hat sich der ehemalige Erbbesitzer des jetzo hochgräfl. Thunschen Hauses, Rudolph von Bünau, als er nebst andern


  1. Ziehnert Bd. II. S. 99 sq. erzählt die Sage anders. Nach ihm ist eine Nonne, welche, nachdem sie den Klosterpförtner vergiftet hatte, mit einem Ritter aus ihrem Kloster in Böhmen entflohen war, von jenem aber, als sie sich ihm hingegeben hatte, schnöde verlassen wurde, zum Tode erschöpft zu einem Greise nach Weißig gekommen und hat um kurze Aufnahme gebeten. Hier hat sie einen Traum gehabt, worin ihr der Nonnenstein mit der daran liegenden umgebrochenen Eiche von einem Engel gezeigt und befohlen ward, hier täglich ihr Gebet zu verrichten, und sie werde Gnade bei Gott finden. Die hat sie zwei Jahre lang täglich gethan. Dann hat man sie eines Tages todt auf dem Felde gefunden und diesem darum den Namen Nonnenstein beigelegt.
  2. In und bei diesem Dorfe giebt es ein Sprichwort: Häring weiß es, womit man etwas Unmögliches oder Unergründliches bezeichnen will. Dasselbe rührt von dem sogenannten Propheten Christian Heering aus diesem Dorfe her, dessen Prophezeihungen bekannt gemacht sind von Süsse, Umständliche Nachrichten von dem Proßner Manne, Chr. H. Lpzg. 1772. 8.
Empfohlene Zitierweise:
Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 171. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_171.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)