Seite:Graesse Sagenschatz Sachsens I 233.jpg

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trat vor ihn hin und fragte ihn, ob er den noch kenne, den er einst auf seinem Gute mit Schlägen abgelohnt habe? Jener besann sich auch, sagte aber, es thue ihm leid; wenn er ihm damals gesagt, wer er sei, würde er ihm auch bessere Ehre angethan haben, und so sind sie als gute Freunde auseinander gegangen.[1] Hieraus folgt nun aber, daß diese Wahlen das Erz mit sich huckenweise fortgetragen, zu Hause gut gemacht und geschmolzen haben, sie haben aber auch die Orte, wo sie Golderz gefunden, fleißig angemerkt und in ihr Schieferbuch eingetragen, wie sich aus dem von einem gewissen Johann Begge, der 1685 zu Frauenstein verstarb, und ein solches 1685 niedergeschriebenes Heft hinterließ, von dem


  1. Becker, der Plauische Grund S. 121, erzählt diese Sage, welche der oben S. 209, Nr. 234 mitgetheilten, sehr ähnlich sieht, anders also. Ein Wahle hatte lange Zeit bei einem armen Manne, der sich stets möglichst dienstfertig gegen ihn gezeigt, gewohnt; des Morgens war er ausgegangen und des Abends hatte er kleine Säckchen mit Steinen nach Hause gebracht, die er dann auch, wenn er wieder heimreiste, mit sich nahm. Einst nahm er von seinem Wirthe für immer Abschied, gab ihm einige Goldstücke und sagte, er wünsche ihn oder seine Kinder einmal bei sich zu sehen. Nun trug es sich später zu, daß einer seiner Söhne als Soldat mit der kaiserlichen Armee nach Italien kam. In einem Treffen verwundet, mußte er den Abschied nehmen, und da er in der Nähe von Venedig war, bekam er Lust, diese Stadt zu sehen. Als er hier gegen Mittag anlangte und eben an einem Kanal stand, den er gern herabgefahren wäre, wenn er nicht die Kosten gescheut hätte, so kam ein vornehmer Herr, der sich übersetzen lassen wollte. Dieser bemerkte ihn, sah ihm scharf in’s Gesicht und fragte ihn, ob er nicht aus dem sächsischen Erzgebirge sei und so und so heiße. Der Soldat bejahte die Fragen und der unbekannte Herr nahm ihn hierauf mit nach Hause. Hier fragte er denselben, ob er ihn nicht mehr kenne. Der Soldat erwiderte: „nein.“ „Nun, so will ich Dir Jemanden bringen,“ entgegnete er, „den Du gewiß kennen wirst,“ und ging zum Zimmer hinaus. Nach einer Weile kam er in der alten zerrissenen Kleidung zurück, die er gewöhnlich auf seinen Reisen getragen hatte, und nun erkannte ihn der erstaunte Soldat im Augenblick. „Siehst Du,“ sagte jener, „dieses schöne Haus und ein ansehnliches Gut habe ich mir aus den Steinchen erworben, die ich in Euerer Gegend aufgelesen habe.“ Er bewirthete den jungen Menschen auf’s Beste, ließ ihm Kleider machen, behielt ihn einige Wochen bei sich und beschenkte ihn bei seiner Abreise für sich und seinen Vater mit einigen hundert Thalern.
Empfohlene Zitierweise:
Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 233. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_233.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)