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320) Conrad von Einsiedel auf Gnandstein.
Fabricius, Origines Sax. Lips. 1606. p. 701. Theobald, Husitenkrieg. S. 237.

Unter den Edlen Sachsens, die im Jahre 1426 mit Kurfürst Friedrich dem Streitbaren gen Außig den Hussiten entgegenzogen, befand sich auch Ritter Conrad von Einsiedel auf Gnandstein. Am 15. Juni geschah denn jene blutige Schlacht, in welcher die Blüthe des sächsischen Adels ein ruhmloses Grab fand. Zu den Wenigen, die ihr Leben nicht verloren, gehörte Conrad von Einsiedel. Er floh mit einer Anzahl seiner Kampfesgenossen auf das Schloß Schreckenstein. Doch da die treulose Besatzung des Schreckensteines den Hussiten heimlich die Thore der Feste öffnete, mußte schon am zweiten Tage Conrad dieselbe dem Georg Dieckzinski übergeben. Letzterer aber schenkte dem gefangenen Conrad von Einsiedel Leben und Freiheit und ließ ihn ungehindert in sein Vaterland zurückkehren.

Um dem Höchsten für die Rettung aus der Gewalt der Feinde zu danken, beschloß Conrad zum heiligen Grabe in Jerusalem zu pilgern, um hier das Opfer seines Dankes darzubringen. Er hatte jedoch das Ziel seiner Reise noch nicht erreicht, als er in neue Gefangenschaft gerieth. Jetzt wurde er ein Gefangener der Saracenen, die ihn als Sclaven verkauften. Fast dreißig Jahre hatte er die Sclavenketten getragen, als er im Jahre 1455 bei der Belagerung von Belgrad in dem türkischen Heere zum Schanzen verwendet wurde. Als nun hier das türkische Heer durch Johann Hunyades eine gewaltige Niederlage erlitt, fiel Conrad


stammte und der in die Heimath zurückkehrte, um sich dem Kriegsdienste zu widmen. Aber hatte er auch seinem Leben eine andere Bestimmung als die früher gewählte gegeben, so behielt er doch den Namen Einsiedel und wurde so der Ahnherr derer von Einsiedel. – Dies soll geschehen sein um das Jahr 1280. Uebrigens ist die Sage der von den Kranichen des Ibycus sehr ähnlich, s. B. Schmidt, Romanzen u. Ball. deutsch. Dichter S. 206, sq. A. Schoppe, Sagenbibl. Lpzg. 1851. Bd, II, S. 122. sq. Götzinger, deutsch. Dichter Bd. I. S. 334. sq.

Empfohlene Zitierweise:
Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 285. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_285.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)