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Thorbjoern hatte erfahren, daß Ale auf Bjarg in Arbeit sei. Mit zwei Männern ritt er nun dorthin, um Atle zu sprechen. Als dieser aus dem Hause getreten war und den Ankömmling begrüßt hatte, sagte Thorbjoern:

„Noch einmal, Atle, suchst du alte Beleidigungen gegen mich zu erneuern! Warum hast du meinen Knecht in deinen Dienst genommen? Das nenne ich ein unredliches Betragen!“

„Ich hatte keinen Beweis dafür, daß Ale dein Knecht sei,“ sagte Atle. „Erbringst du den Beweis, werde ich ihn nicht behalten. Doch wider seinen Willen aus meinem Hause wegprügeln den Mann, das mag ich auch nicht.“

„Thu, was du verantworten kannst,“ sagte Thorbjoern. „Aber ich fordere mein Recht! Ich verbiete des Mannes Arbeit auf deinem Hofe und verlange seine Auslieferung.“

Atle machte eine abwehrende Bewegung.

„So komme ich noch einmal wieder,“ drohte Thorbjoern, „und es ist nicht gewiß, ob wir uns dann so friedlich von einander trennen, wie heute!“

Atle erwiderte gelassen: „Ich bleibe zu Hause und erwarte, was kommen wird.“

Als die Arbeitsleute abends nach Hause kamen, erzälte Atle sein Gespräch mit Thorbjoern und forderte Ale ernstlich auf, nun wegzugehen.

Ale antwortete: „Das Sprüchwort ist wahr, große Herren sind die Ersten, welche ihr Wort nicht halten! – Ich habe dir den ganzen Sommer hindurch gearbeitet, als gelte es mein Leben, in der Hoffnung, du würdest mich schützen! Niemals hätte ich geglaubt, daß du mich jetzt noch fortjagen würdest! – Herr, vor deinen Augen hier will ich lieber mich totschlagen lassen, ehe du deine Hand von mir ziehst und mich dem Thorbjoern auslieferst!“

Atle wurde von Mitleid für den Mann ergriffen, und fand kein Herz ihn fort zu schicken.

So verlief die Zeit.

Es war Heuernte und ein Regentag.

Die eine Hälfte der Knechte war droben auf den Bergwiesen, die andere unten am Fjord zum Fischfang.

Atle war nur mit ganz wenigen Leuten zu Hause.

Die Mittagsstunde war herangekommen, was man freilich an keiner

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Dagobert Schoenfeld: Gretter der Starke. Schuster & Loeffler, Berlin 1896, Seite 90. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gretter_der_Starke.pdf/108&oldid=- (Version vom 1.8.2018)