Seite:Grimms Märchen Anmerkungen (Bolte Polivka) I 004.jpg

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Ähnlich lautet die pommersche Erzählung ‘De Königin un de Pogg’ (U. Jahn nr. 5), nur daß die Entzauberung gleich durch den Kuß der Prinzeß erfolgt, und eine von Simrock (nr. 19) ohne Angabe der Herkunft berichtete: ‘Der dicke Frosch’. Einer weiteren pommerschen Fassung (U. Jahn Nr. 6: ‘Die Königstochter und die Schorfkröte’) fehlen die Verse; die Kröte verlangt, drei Wochen mit der Prinzeß am Tische zu essen, ebensolange im Schlosse und endlich im Bette der Prinzeß zu schlafen.[1]

Zwei vlämische Märchen aus der Gegend von Dünkirchen (L. de Baecker, De la religion du nord de la France avant le christianisme 1854 S. 283) und aus Erembodegem (Gittée in der Genter Zeitschrift Volkskunde 1, 48. 1888: ‘Van het meisje, dat met een puit trouwde’) beginnen wie die zweite hessische Fassung; doch wird im ersten die jüngste Tochter nicht vom Frosch besucht, sondern findet eines Abends am Brunnen einen Jüngling statt des Frosches, und im andern erfolgt die Entzauberung, nachdem das Mädchen den Frosch aufgeschnitten hat. Unbedeutend ist die von Boekenoogen (Volkskunde 14, 117. 1902) mitgeteilte Fassung aus Gelderland: ‘Van den kikvorsch die in een prins veranderde’.

Dänisch in Grundtvigs hsl. Register nr. 124 ‘Kongesen i tusseham’; aus Jütland bei Grundtvig, Minder 3, 66: ‘Skruptudsen’. Skattegraveren 9, 106 (1888): ‘Den syngende frø’. Kristensen, Aeventyr fra Jylland 3, 249 nr. 45 ‘Pigen og tussen’. 4, 391 nr. 83 ‘Skruptussen’. – Schwedisch aus Nyland bei Allardt nr. 117 ‘Om prinsen, som va trölla ti gródo’.

Auch in Schottland lebt das Märchen fort. In dem 1549 erschienenen ‘Complaynt of Scotlande’ (ed. by J. Leyden 1801 p. 234; ed. by J. Murray 1872 p. 63. LXXIII) wird unter andern Erzählungen ‘the tayl of the volfe of the varldis end’ genannt, was wohl nicht die Sage vom nordischen Fenrir (Grimm, Myth.³ S. 224), sondern vom Weltbrunnen (volle = well) bedeutet. Leyden hat Bruchstücke singen hören, worin der Brunnen von der Welt End (well of the warldis end) vorkommt und ‘the well Absolom’ und ‘the


  1. In einem holsteinischen Märchen (Müllenhoff S. 383), dessen Eingang an unser Löweneckerchen (nr. 88) erinnert, soll ein Mann der jüngsten Tochter Ode das mitbringen, was hinter seinem Wagen herläuft. Das ist eine Schlange, die von Ode begehrt, zuerst auf die Diele, darauf in ihre Kammer und ihr Bett mitgenommen zu werden, und sich dann in einen Prinzen verwandelt.
Empfohlene Zitierweise:
Johannes Bolte, Jiří Polívka: Anmerkungen zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm I. Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1913, Seite 4. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimms_M%C3%A4rchen_Anmerkungen_(Bolte_Polivka)_I_004.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)