Seite:Grimms Märchen Anmerkungen (Bolte Polivka) I 186.jpg

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můß er wischen, geschirr reiben, kessel, pfannen, schüsseln, und etwann so reibt er es durch; zů dem vierden so můß er braten, die junckfrawen in dem hauß die braten nicht ja wol, der Eschengrüdel můß es als thůn; zum fünften so můß er den katzen weren, wann sie beschlecken, was man neben sich setzt; zů dem sechsten so můß er vil in dem huß leiden; zů dem sibenden so ist der Eschengrüdel dem haußvatter an dem allerliebsten, er nimpt in etwann zů der ee … und lat die stoltzen junckfrawen faren’. Ebenda 2, Bl. 31b, 2c: ‘Du hast sechs oder siben kind, und ist ettwann ein Eschengrüdelin auch darunter, dem bist du feind; es ist nicht also hübsch und fein als die andern: das Eschengrüdlin leget ettwann den rechten schůh an den lincken Fůß; die můter sicht es, so schlecht sie das kind an ein backen, das es umbtrümlet: Sich umb den wůst, wie er daher kumpt!’ Ähnlich in ‘Der Seelen Paradiß’ 1510 Bl. 187 a: ‘Desgleichen ein můter, die vil kind hat, und etwan ein Eschengrüdel darunter ist, wann dasselb nümen den gürtel letz ummleit, si gibt im eins an einen backen und spricht zu im: Du wüster unflot! Aber das kind, das sie sunderlich vast lieb hat, so es schon ouch den gürtel letz umm het, dem zartlet si.’ Geiler[1] führt endlich als Exempel eines Eschengrüdels die alte Legende von der verachteten Nonne Isidora und ihrer Verherrlichung durch den h. Piterum an, aus der auch die Geschichten von der arbeitsamen Müllerin und von der geistlichen Hausmagd erwachsen sind, und Pauli, Schimpf und Ernst cap. 690 folgt ihm. An die italienischen Fassungen, in denen der Witwer von der Tochter gebeten wird, ihre Lehrerin zu heiraten, erinnert eine Äußerung der


  1. Brösamlin 2, 81a, 1. Das irrig Schaf 1510, der Eschengrüdel Bl. a 6b. Arbore humana 1521 Bl. 10. Vgl. Das irrig Schaf Bl. a 3a: ‘In klöstren, da die korschwestren die leyschwestren verachten und sie halten als fůßtücher und Eschengrüdel.’ – Über die Geschichte der Legende vgl. R. Köhler 2, 389. ZfVk. 11, 465. 17, 125. Zweifelhaft erscheint Singers und Reitzensteins (Hellenistische Wundererzählungen 1906 S. 75) Zurückführung der um 400 nachweisbaren christlichen Legende auf ein weltliches Aschenbrödelmärchen. Dann könnte man auch auf den h. Alexius, der in seines Vaters kaiserlichem Haus unter der Stiege wie ein Knecht wohnt (Maßmann, Alexius 1843. Henczynski 1898), verweisen oder auf Gudrun, die in der Gefangenschaft Brände schüren, den Staub mit dem eignen Haar abwischen und Schläge dulden muß (Str. 996. 1005. 1019), oder auf die Ballade von Südeli (Erk-Böhme, Liederhort 1, 549 nr. 178).
Empfohlene Zitierweise:
Johannes Bolte, Jiří Polívka: Anmerkungen zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm I. Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1913, Seite 186. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimms_M%C3%A4rchen_Anmerkungen_(Bolte_Polivka)_I_186.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)