Seite:Grimms Märchen Anmerkungen (Bolte Polivka) I 187.jpg

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siebenjährigen Prinzessin Elisabeth Charlotte von der Pfalz, die ihre Tante Herzogin Sophie von Hannover (Briefwechsel ed. Bodemann 1885 S. 20) 1659 berichtet: ‘Ich denke, es würde mir gehen wie Eschepudelgen, da man auch so viel schöne Sachgen an verhis undt müste tharnach in der Eschen wonnen.’

Über die hilfreiche Kuh oder Ziege, in der bisweilen die Seele der toten Mutter fortzuleben scheint, ebenso wie in dem aus ihren Knochen aufsprießenden Baume, vgl. unten nr. 130 und Macculloch p. 108f. 231f.

Oft wird erwähnt, daß die Tauben rein lesen als die reinen, heiligen Tiere. Schon beim Meister Sigeher (MSH 2, 363a):

. . . . . dem milten bin ich senfte bi
mit linden sprüchen suezen
schone, als ez ein turteltube habe erlesen.

Bei Geiler, Brösamlin Bl. 88b: ‘So liset die taub auff die aller reinsten kornlin; darumb, wenn man sauber korn hat, so spricht man: Es ist eben, als hetten es die tauben zsamen getragen.’ In Paulis Schimpf und Ernst 1522 cap. 333 eine Erzählung von einer Frau, die ganz hinten in der Kirche auf ihren Knien lag und vor Andacht weinte; da sah der Bischof, wie eine Taube kam und las dieselben Tränen auf und flog danach hinweg. Daß Vögel oder Ameisen Körner auslesen helfen, kommt auch in der Bienenkönigin (nr. 62) vor, ebenso in einer Wettiner Sage bei Sommer S. 93.

Bei dem Umstand, daß Aschenputtel durch den verlorenen Schuh gesucht und entdeckt wird, ist an die Sage von Rhodope zu erinnern, deren von einem Adler entführten Schuh Psammetichos, dem er in den Schoß gefallen war, durch ganz Ägypten schickte, um die Eigentümerin zu seiner Gemahlin zu machen (Stralo 17, 1 p. 808. Aelian, Varia hist. 13, 33. J. Grimm, Kl. Schriften 2, 389). In einem andern ägyptischen Märchen erregt ein schwimmendes Goldhaar der schönen Frau des Königs Verlangen nach ihr (R. Köhler 2, 345. Unten nr. 62); vgl. Cox p. 504 und XL. Macler p. 34. Bompas p. 24. 75. 228. 459. 460. Haar des Jünglings bei Dracott p. 83. – Über den germanischen Verlobungsbrauch des Schuhanziehens vgl. J. Grimm, Rechtsaltertümer⁴ 1, 214. König Rother ed. Rückert S. XXIII, v. 2261.

Eine ausgezeichnete Materialsammlung über unser Märchen und die verwandten von Allerleirauh (nr. 65), Einäuglein (nr. 130)

Empfohlene Zitierweise:
Johannes Bolte, Jiří Polívka: Anmerkungen zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm I. Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1913, Seite 187. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimms_M%C3%A4rchen_Anmerkungen_(Bolte_Polivka)_I_187.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)