Seite:Grimms Märchen Anmerkungen (Bolte Polivka) I 228.jpg

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in eine Siebenzahl verwandelt. Ähnlichkeit hat das Märchen von den sechs Schwänen (nr. 49), in welches auch die dort mitgeteilte österreichische Erzählung übergeht, und das Märchen von den zwölf Brüdern (nr. 9).

Wir unterscheiden folgende Teile: A. Die Mutter oder der Vater verwünscht die Söhne ihrer Naschhaftigkeit oder einer andern Unart wegen in Raben; B. das Schwesterchen will sie aufsuchen und fragt Sonne, Mond und Sterne nach ihnen; C. es findet sie auf dem Glasberg, und damit ist meist die Erlösung vollbracht; D. bisweilen aber muß die Schwester noch Jahre lang stumm sein und Hemden anfertigen, verliert ihre Kinder und ist nahe daran, von Henkershand zu sterben, ganz wie in nr. 9 und 49.

Breit ausgeführt ist ‘die Geschichte von den drei Herren Raben im Schwabenland’ 1811 in J. D. Falks Osterbüchlein (Auserlesene Werke 2, 179–251. 1819), welche die Teile A B C enthält und wo im Eingang Tausendschönchens Brüder am Pfingsttag vormittag Karten spielen. In Aurbachers Büchlein für die Jugend 1834 S. 67. 78. 85 quälen die sechs Knaben ihre Mutter, sie solle ihnen Küchle backen; das Lisele wird von einem rollenden Küchle zum Kristallberg geführt; hier sind also nur die Teile A und C vorhanden. Schweizerisch bei Sutermeister nr. 6 ‘Die drei Raben’ nach A. Henne, Lieder 1827 S. 103 ‘Schön Frida’ (A D. Der Vater hat die Verwünschung ausgestoßen). Schwäbisch bei E. Meier nr. 49 ‘Die drei Raben’ (A C D). Kärntisch bei Egger, Die drei Raben (Carinthia 1866, 95. Nur A D). Österreichisch bei Vernaleken nr. 5 ‘Die sieben Raben’ (A B C D. Nachfrage beim Herrn der Winde). Thüringisch bei Bechstein 1845 S. 103 = 1874 S. 105 ‘Die sieben Raben’. Aus der Gegend von Halle bei Sommer S. 142 nr. 11 ‘Die beiden Raben’ (A B C D, teilweise verblaßt). Schlesisch bei Peter 2, 169 ‘Die drei Raben’ (A B C D; die Entzauberung erfolgt schon, als der König das Mädchen im Walde findet). Schiller nr. 15 ‘Die zwölf Rabenkrähen’ (A B C; Anfertigung der Hemden). Oldenburgisch bei Strackerjan 2, 320 = 2. Aufl. 2, 466 ‘Die drei Raben’ (A D) = Bröring, Saterland S. 283. Brandenburgisch bei Kuhn S. 282 nr. 10 ‘Vom Mädchen, das seine Brüder sucht’ (A B C D. Acht Schwäne; Wind, Mond, Sonne; Schluß ähnlich der Genovefa-legende)


    alsobald wurden sie drei kohlschwarze Raben und flogen auf und davon. – In einem Märchen von E. M. Arndt 1818 S. 1 werden die Kinder aus gleichem Anlaß zu Mäuschen.

Empfohlene Zitierweise:
Johannes Bolte, Jiří Polívka: Anmerkungen zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm I. Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1913, Seite 228. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimms_M%C3%A4rchen_Anmerkungen_(Bolte_Polivka)_I_228.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)