Seite:Grimms Märchen Anmerkungen (Bolte Polivka) I 460.jpg

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‘Vom Schneemädchen’ (ähnlich Grimm, eingelegt in nr. 8 ‘Die Brüder’; vgl. unsre nr. 107). Erdélyi 3, 1 = Jones-Kropf p. 163 nr. 35 ‘The world’s beautiful woman’ (bei zwölf Räubern; Ring, Busennadel, Haarnadel; die Schwestern des Prinzen finden die Nadel; infolge einer Briefvertauschung wird die Heldin samt ihren Kindern verstoßen). – Türkisch: Kúnos, Stambul S. 204 ‘Die Zaubernadel’ (Granatchen von der Mutter verstoßen, weil deren Buhle sie für schöner erklärt; bei drei Jägern; Zaubernadel durchs Schlüsselloch in ihren Kopf gestekt; die Braut des Prinzen verwandelt die Erwachte in einen Vogel; weitere Verwandlungen wie bei Constant und Nicolaides); vgl. Ungarische Revue 1889, 38.

In einem indischen Märchen ‘Princess Aubergine’ (Indian Antiquary 9, 302 = Steel-Temple p. 79 nr. 8), das schon oben S. 441 angeführt wurde, ist das Leben der aus einer Eierfrucht hervorgegangenen und von einem Ehepaare aufgezogenen Heldin an einen Halsschmuck geknüpft, der im Leibe eines grünroten Fisches verborgen ist. Dieses Halsbandes bemächtigt sich die neidische Königin, nachdem sie das Mädchen achtmal in Schlaf versenkt und befragt und ihretwegen ihre sieben Söhne getötet hat. Aber ihr Gatte, der König, findet auf der Jagd im Walde die schlafende, mit Blumen bedeckte Jungfrau, wohnt ihr bei und trifft nach Jahresfrist neben der Schlafenden einen Knaben, der ihm erzählt, daß seine Mutter durch das Halsband der Königin wieder zum Leben erweckt werden könne. Nachdem dies geschehen ist, wird die böse Zauberin in eine Grube voll Schlangen und Skorpionen gestürzt. – Die Verfolgung der Stiefmutter fehlt in einem andern indischen und einem tripolitanischen Märchen, die unter sich verwandt sind. ‘Die kleine Surja Bai’ (Frere nr. 6) ist von einem Adler geraubt und erzogen; in Abwesenheit der Pflegeeltern löscht die Katze ihr Feuer aus, sie muß bei Menschenfressern neues Feuer holen, wird verfolgt und verwundet sich an dem giftigen Fingernagel des Rackschas, der in der Tür stecken blieb; ein Rajah findet die Tote, zieht den Dorn heraus und führt die Auflebende als Gattin heim; seine erste Frau stößt sie ins Wasser, sie wird zur Sonnenblume, zum Mangobaum, zur Frucht und endlich zum Menschen. In der tripolitanischen Erzählung (Stumme, Märchen aus Tripolis 1898 S. 81 nr. 2) lebt die Heldin Udêa nicht im Adlerhorste, sondern bei ihren sieben Brüdern; die Verfolgung durch den Menschenfresser aber ist dieselbe; sie erwacht, als ein Mann ihren Ring abstreifen

Empfohlene Zitierweise:
Johannes Bolte, Jiří Polívka: Anmerkungen zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm I. Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1913, Seite 460. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimms_M%C3%A4rchen_Anmerkungen_(Bolte_Polivka)_I_460.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)