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Abschied, wir waren uns in der kurzen Zeit ziemlich nahe getreten, ich wünschte ihm die nötige Geduld und möglichst angenehmes Verbringen seiner Strafzeit; er dankte mir herzlich für alles Empfangene, besonders für die ihm von mir gebotene Gelegenheit zum Lesen, sowie für meine Belehrungen hiezu, wobei er mir gestand, er sei jetzt schon Sozialdemokrat, soweit er die Sache verstehe.

Als er für immer weg war fehlte mir doch etwas und es war gut für mich, daß ich nach dem Essen ebenfalls diese Zelle verlassen durfte, um einen Stock höher eine andere, frisch gereinigte und geweißnete, viel hellere, in der ich allein war, zu beziehen. Diese lag entgegengesetzt der ersten nach Süden, hatte in der Decke eine mindestens einen Quadratmeter große Oeffnung, die mit einem starken Eisengitter versehen war. Durch diese Oeffnung drang das Licht eines noch größeren Dachfensters in die Zelle und ich freute mich wirklich, über die helle Zelle sowohl, als über die verhältnismäßig gute Luft und über das Alleinsein.

Doch man wandelt nicht ungestraft unter Palmen.

Nachdem ich in meinem neuen Heim zwei Stunden geschlafen, erwachte ich an einem Beißen und Jucken an verschiedenen Körperstellen. Sollten das am Ende gar Wanzen sein? dachte ich, das wäre ja eine schöne Bescherung. Licht hatte ich leider keines, wie bekannt, um dieser Geschichte auf den Grund gehen zu können. Da verspürte ich ein Krabbeln und gleich darauf ein Beißen an meinem Hals, ein Griff nach der betreffenden

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Kittler: Aus dem dritten württemb. Reichstags-Wahlkreis. Im Selbstverlag des Verfassers, Heilbronn 1910, Seite 41. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gustav_Kittler_Erinnerungen_1910.pdf/41&oldid=- (Version vom 1.8.2018)