und ein farbiges Pulver, am besten wohl Graphitschwärze (mine de plomb), die man als solche kaufen oder auch von jedem weicheren Bleistift abschaben kann, oder auch geriebene Mennige (vom Rothstein abzuschaben); auch andere geriebene Kreiden, sowie Kohlenschwärze und Schusterpech, sind dafür zu verwenden. Das Papier wird auf die trockene Schriftfläche fest aufgelegt (womöglich an den Enden mit Wachs befestigt) und der Farbestoff (in geringer Quantität und ganz leicht) darauf gerieben, mit der Fingerspitze oder mit einem Lederpuffer (tampon) oder dem zusammengeballten Schnupftuch. Das Graphitpulver ist so fein, dass man es am besten in Säckchen von fester Leinwand, die nur wenig durchläßt, auflegt. Das geht ziemlich schnell; doch hat man bei Anwendung des Schusterpechs die Quantität der aufzulegenden Farbe mehr in der Gewalt. Die leinenen Tampons mit Graphitpulver nutzen sich außerdem sehr schnell ab. Das dünne Papier senkt sich bei jeder dieser Anwendungsarten von Farbstoffen über den Vertiefungen der Schrift unmerklich ein, und nimmt auf diesen nicht, sondern nur auf der festen Schriftfläche, die Farbe an. Der Grund des durchgeriebenen Abdrucks erscheint also dunkel, die Schrift hell. Je fester das Papier aufliegt, desto schärfer erscheinen die Umrisse der Schrift; auf rauhem, unebenem, verwittertem Gestein und bei roh und unregelmäßig eingehauener Schrift ist das Resultat selten befriedigend. Mit dem (feuchten) Papierabdruck kann die Durchreibung schon desshalb sich nicht messen, weil sie im besten Fall nur den Umriss der Schrift genau, nie aber die Tiefe des Schnittes derselben wiedergiebt; bei schwierig zu lesenden, sehr zerstörten Inschriften kommt man mit ihr überhaupt nicht weit. Doch empfiehlt sie sich für größere Urkunden auf Erz und überhaupt für solche Schrift, deren Kleinheit den Papierabdruck unanwendbar macht; auch erlangt man durch sie wenigstens eine Gesammtübersicht über die Vertheilung der Schrift im Raum und eine annähernd genaue Vorstellung vom Charakter derselben.
In den seltenen Fällen, wo die Schrift der Inschriften nicht vertieft ist, sondern entweder in gleicher Ebene mit der Schriftfläche liegt (z. Β. da wo eherne Buchstaben in Marmortafeln oder in Mosaikfußböden oder goldene oder silberne Buchstaben in Silber,
Emil Hübner: Über mechanische Copieen von Inschriften. Weidmannsche Buchhandlung, Berlin 1881, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:H%C3%BCbner_%C3%9Cber_mechanische_Copieen_von_Inschriften.djvu/17&oldid=- (Version vom 1.8.2018)