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schon damals in Böhmen durchführte, während dies den anderen Kurfürsten erst viel später gelang.[1]

Zwar wurde auch ihnen in der G. B. dasselbe Recht zugestanden,[2] in einem besonderen Capitel, das zunächst für die drei geistlichen Kurfürsten die Rechte de non evocando und de non appellando bestimmt und auf ihren Antrag ausgestellt erscheint. Ueberhaupt sind, wie es uns schon hier entgegentritt, die geistlichen Kurfürsten die einzigen, die Gegenforderungen erheben können und erheben und nicht allein ihres höheren Ranges wegen bei Bewilligung von Rechten vorausgestellt sind. Und wenn Harnack[3] mit Recht betont, dass die anderen Kurfürsten weder im Wahlrecht noch den Ehrenrechten irgend welche spezielle Prärogative aufweisen können, so kann man noch hinzufügen, dass sie bei der Erteilung der landesherrlichen Gerechtsame nicht weniger zurückgedrängt sind. Der Böhmenkönig giebt nicht bloss das Mass, nach dem den anderen besonders weltlichen Kurfürsten die Privilegien zugemessen werden,[4] sondern dieselben sind derartig abgefasst und eingefügt, dass sie einen fast rein formellen Eindruck machen. So ist es schon in Cap. 11; nachdem ein langes ausführliches, im Texte sich an das betreffende Privileg für Böhmen anlehnendes Privileg für die geistlichen Kurfürsten aufgestellt ist, wird in einem kurzen Schlusssatz erklärt, dass dieselbe Bestimmung auch für die drei anderen weltlichen Kurfürsten gelten soll.

Ist es schon für ein einheitliches Reichsgesetzbuch verwunderlich, dass dieselben Rechte in einem Capitel dem

  1. Vergl. die Zusammenstellung der von den Kurfürsten und Fürsten im 16., 17. Jahrhundert erlangten Privilegia bei Joh. Jac. Moser: Deutsche Justizverf. Bd. I 188 ff. Schon Ohlenschlager zieht daraus den Schluss, wie ungewohnt ihnen ein solches Vorrecht gewesen sein müsse, dessen sie sich auch lange nachher zu bedienen beschwerlich fanden (vergl. dazu Franklin, Reichshofgericht II 16.) [a. a. O. S. 238], siehe auch Töpfer: U. B. zur Geschichte der Vögte von Hunoltstein 1 No. 282 das Hofgerichtsurteil Karls IV.
  2. G. B. Cap. 11.
  3. Harnack a. a. O. 150.
  4. Nerger a. a. O. 43 u. Harnack, ihm folgend a. a. O. S. 149.
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Oscar Hahn: Ursprung und Bedeutung der Goldenen Bulle Karls IV.. Breslau, 1902, Seite 27. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hahn_Ursprung_und_Bedeutung_der_Goldenen_Bulle.pdf/27&oldid=- (Version vom 1.8.2018)