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Rangordnung und Ceremonien bei Aufzügen[1] und bei kirchlicher Feier in Gegenwart des Kaisers[2] feststellen. Sie bilden zugleich das Gegenstück zu der Sitzordnung Cap. 3—6, als Prozessionsordnung: „lex de ordine processionis“, so genannt in Cap. 26.

Wenn wir schon bei den bisher erörterten Rangcapiteln z. T. als Anlass sich augenblicklich am Reichstage bemerkbar machende Unsicherheiten annehmen dürfen, so gilt dies in hohem Grade von den ceremoniellen Verordnungen[3] von Metz, wo ein so überaus feierlicher Hoftag mit grösseren Festlichkeiten[4] naturgemäss mit strengster Beobachtung des Ceremoniells abgehalten wurde.

Werfen wir an dieser Stelle einen Rückblick auf die ganze Zahl der Verordnungen, die die G. B. in sich umschliesst, so finden wir die mannigfachsten Bestimmungen neben einander, sodass es schwer fällt, den massgebenden Gedanken festzustellen, der Karl zu der Abfassung der G. B. veranlasste. Wenn wir nach Massgabe der vorausgegangenen Erläuterung die einzelnen Bestimmungen in Reformcapitel und Privilegiencapitel teilen, so erscheint es von vornherein klar, welche Bedeutung[5] für die Gesamtheit des Reiches und die Reichsgeschichte die Reformcapitel betreffend die Kur und Königswahl haben. Ganz ohne Zweifel hat die Ordnung dieser Verhältnisse Karl auch am Herzen gelegen; hierfür aber war er von vornherein der allseitigen Anerkennung der Reichsstände und besonders der Kurfürsten gewiss. Hatten diese doch im Notariatsinstrument von Rense achtzehn Jahre früher durch freiwillige Abmachungen unter sich die wesentlichsten Bestimmungen über Festlegung der Königswahl, ihre Loslösung vom päpstlichen Einspruch, vorweggenommen, die Karl nun zum officiellen Reichsgesetz erhob. Karl hatte also sicherlich nicht nötig, sich für die Reformgesetze

  1. Cap. 21, 22.
  2. Cap. 23 der G. B.
  3. Cap. 26, 27, 28, 30.
  4. Es waren da der Dauphin Karl von Frankreich mit seinem Bruder Philipp, englische und päpstliche Gesandte.
  5. Vergl. die Würdigung dieses Teils d. G. B. auf S. 21 o.
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Oscar Hahn: Ursprung und Bedeutung der Goldenen Bulle Karls IV.. Breslau, 1902, Seite 35. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hahn_Ursprung_und_Bedeutung_der_Goldenen_Bulle.pdf/35&oldid=- (Version vom 1.8.2018)