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Diverse: Handbuch der Politik – Band 2

erreicht also in der obersten Stufe den Satz von 1½%. Hierzu treten aber noch Zuschläge nach der Höhe des steuerbaren Gesamtvermögens. Sie erfassen alle steuerbaren Vermögen, deren Gesamtwert über 100 000 M. hinausgeht, und zwar in 10 Stufen, deren Grenzen bei 200 000, 300 000, 400 000, 500 000, 750 000, 1 Million, 2 Millionen, 5 Millionen und 10 Millionen Mark liegen. Für die niedrigste Stufe über 100 000 bis 200 000 M. Gesamtwert des steuerbaren Vermögens ist der Zuschlag 0.1% des Zuwachses. Er erhöht sich mit jeder weiteren Stufe um 0.1%, erreicht also in der obersten Stufe 1% des Zuwachses.

Von dieser Steuer wird für jedes Jahr des Veranlagungszeitraumes ein Drittel erhoben. Als Ausgangswert bei der erstmaligen Schätzung gilt derjenige Wert des steuerbaren Vermögens, der auf Grund des Wehrbeitragsgesetzes (cf. unten) für den 31. Dezember 1913 festgestellt worden ist.

Eine besondere Behandlung innerhalb des Vermögenszuwachssteuergesetzes erfahren die Erbschaften. Vorweg zu nehmen ist, dass das Gesetz auch alle diejenigen Erbschaften erfasst, welche bereits der Reichserbschaftssteuer unterliegen. Auch das geschärfte soziale Empfinden unserer Zeit gestattet van der Borght[1] hierzu die Frage, „ob es nicht doch des Guten etwas zu viel ist.“ Dass das Vermögenszuwachssteuergesetz zugleich eine Besteuerung der Erbschaften, insbesondere auch des „Kindeserbes“ ist, wurde allerdings sowohl in der Begründung als in den Verhandlungen als ein Vorzug desselben hervorgehoben. Der Staatssekretär des Reichsschatzamtes führte im Reichstag aus, der Vermögenszuwachs durch Erbfolge wäre nicht in der Form erfasst, die der Erbschaftssteuer so viele Feinde geschaffen habe, sondern mit niedrigeren Sätzen und in einer milderen und vollkommeneren Form. Alle bisherigen Erbschaftssteuergesetze hätten drei grosse Mängel: die Erhebung der Steuer setze im Moment tiefer Trauer ein, oft beim Tode des Ernährers, die Erbschaftssteuer könne nicht auch das Vermögen des Erben selbst berücksichtigen, während es doch seine Steuerfälligkeit mit entscheide, und kein Erbschaftssteuergesetz regele die Besteuerung der Schenkungen unter Lebenden, wie sie namentlich beim mobilen Kapital sehr leicht vorkommen mit der Absicht einer Umgehung der Erbschaftssteuer, in einigermassen befriedigender Weise. Der Staatssekretär setzte hinzu: Alle drei Fragen löse die periodisch einsetzende, das Vermögen nach seinem jeweiligen Stand berücksichtigende Zuwachssteuer in denkbar einfachster und glücklichster Weise.

Ob die Vermögenszuwachssteuer als Reichssteuer von Bestand sein wird, muss trotzdem als zweifelhaft bezeichnet werden. Der Eingriff in die Finanzhoheit der Einzelstaaten, den sie bedeutet, scheint nicht verwunden zu sein.

D) Wehrbeitrag.

Eine Einkommensergänzungssteuer ist auch der nur zu einmaliger Erhebung bestimmte 1913 beschlossene sogenannte „Wehrbeitrag.“

Der Wehrbeitrag ist eine einmalige Vermögenssteuer für einen bestimmten Zweck. Sie soll betragen bei einem Vermögen bis

50 000 M. 0.15 v. H.
von den nächsten angefangenen oder vollen 50 000 M. 0.35 v. H.
von den nächsten angefangenen oder vollen 100 000 M. 0.5 v. H.
von den nächsten angefangenen oder vollen 300 000 M. 0.7 v. H.
von den nächsten angefangenen oder vollen 500 000 M. 0.85 v. H.
von den nächsten angefangenen oder vollen 1 000 000 M. 1.1 v. H.
von den nächsten angefangenen oder vollen 3 000 000 M. 1.3 v. H.
von den nächsten angefangenen oder vollen 5 000 000 M. 1.4 v. H.
von den höheren Beträgen 1.5 v. H.

  1. Vgl. das Heft „Wehrbeitrag und Deckungsgesetze vom 3. Juli 1913“ in den Finanzwirtschaftlichen Zeitfragen, herausgegeben von Georg v. Schanz und Jul. Wolf. 1913 S. 46.
Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Handbuch der Politik – Band 2. Dr. Walther Rothschild, Berlin und Leipzig 1914, Seite 93. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Handbuch_der_Politik_Band_2.pdf/109&oldid=- (Version vom 10.9.2021)