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und durch Zuführung unbebauten Landes in Kulturzustand durch innere Kolonisation im weiteren Sinne. Schulz-Lupitz ist die Erfindung und Durchführung eines Systems zu danken, das Sandflächen fruchtbar macht und Rimpau-Cunrau hat in der Kultivierung von Mooren vorbildlich gewirkt. Noch sind in Preussen ungefähr 1 000 000 ha Hoch- Niederungs- und Übergangs-Moore der Kultur zu gewinnen.

Mit grossem Eifer hat sich, wie bereits angedeutet, die Landwirtschaft der Lösung der ländlichen Arbeiterfrage gewidmet, wenn dieselbe auch durchaus nicht als gelöst bezeichnet werden kann. Die Aufgabe wird immer schwerer insofern, als einerseits die Steigerung der Intensität allein die Konkurrenz der deutschen Landwirtschaft dem Auslande gegenüber ermöglicht, andererseits aber diese Steigerung immer mehr Kapital und Arbeitskräfte erfordert. Zum Teil passt sich die Landwirtschaft dem an durch die erwähnte Verwendung von Maschinen, wobei dem Grossbetrieb die Aufgabe zufällt, voranzugehen, und der genossenschaftliche Zusammenschluss die Maschine auch kleineren Landwirten zugänglich macht. Indessen ist der Ersatz der menschlichen Arbeitskraft durch die Maschine in der Landwirtschaft nicht in dem Umfang möglich, wie in der Industrie. Einen Beitrag zur Hebung dieser Schwierigkeiten liefern auch bessere Arbeitsanordnung und -Verteilung. Diese zu finden und anzuwenden, ist Sache der Intelligenz und Ausbildung des Betriebsleiters; auch bauliche Einrichtungen können hier mithelfen, wie z. B. die Scheunenformen und Speicherkonstruktionen lehren, welche die D. L. G. 1910 und 11 ausgestellt hat. Die Dampfkraft ersetzt in der Landwirtschaft die menschliche Arbeitskraft vielfach, besonders beim Dreschen und Pflügen; auch die Elektrizität wird versuchsweise in den Dienst der Landwirtschaft gestellt und zwar als Beleuchtungs- und Kraftquelle, sowie zur Herstellung künstlichen Düngers und zur Verstärkung des Pflanzenwachstums. Letztere Verwendungsarten befinden sich im reinen Versuchsstadium, die Verwendung als Licht und Kraftquelle bringt in bezug auf Rentabilität wechselnde Erfolge.

Auch in der Viehzucht und Viehhaltung ist der deutschen Landwirtschaft eine Verbesserung des Betriebes in mancher Hinsicht gelungen. Die Zahl der Pferde hat zugenommen, aber mässig, denn dem Pferde als Fortbewegungsmittel entstehen immer neue Konkurrenten. Aber die deutsche Pferdezucht hat an Verbesserung der Qualität sehr gute Erfolge aufzuweisen. Dies ist der Fall sowohl bei Pferden warmblütiger Zucht, als auch bei den Pferden kalten Schlages. Auch bei der Rindviehhaltung sind durch gute Zucht, richtige Aufstellung uud Einhaltung des Zuchtzieles ausgezeichnete Erfolge erzielt worden. Quantitativ ist das Resultat nicht gleich günstig wie qualitativ, denn während 1873: 38,4% Rindvieh je 100 Einwohnern gegenüberstanden, sinkt dieses prozentische Verhältnis immer mehr, 1883 auf 34,5 1892: 35,2, 1900: 33,6, 1904: 32,2, 1907: 33. Allerdings wird dieses quantitative Zurückbleiben etwas ausgeglichen durch die qualitativen Resultate der Zucht. Hier werden die einzelnen Zwecke, für die der Mensch das Tier verwendet, als Ziel genommen, und die Ergiebigkeit des einzelnen Tieres an Fleisch, Milch oder Arbeitskraft hat sich durch konsequente und zielbewusste Zucht bedeutend vermehrt. Die Steigerung der Schweinezucht ist von der ganzen deutschen Tierzucht die stärkste. Die Schweinehaltung ist rascher gestiegen als die Einwohnerzahl. Auf 100 Einwohner entfielen 1873: 17,4; 1883: 20,1; 1892: 26,6; 1900: 29,8; 1904: 32,5; 1907: 35,4. Die Kreuzung des deutschen Landschweines mit dem Yorkshireschweine ergab das veredelte Landschwein, dessen Fruchtbarkeit und rasche Mastfähigkeit die günstigen Erfolge der deutschen Schweinehaltung ermöglicht haben. Die Schafzucht ist nur dort beibehalten, wo Klima und Bodenverhältnisse für die gute Haltung anderer Tiere nicht mehr ausreichen. Auch in der Schafzucht ist ein rationelles Durchführen von Zuchtzielen nach Fleisch- oder Wollertrag von gutem Erfolg begleitet gewesen.

IV. Der Produktionserfolg.

Das Resultat der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit stellen bei der Ackerwirtschaft die folgenden Zahlen dar. Um zunächst die Steigerung der Intensität zu beurteilen, ist es interessant zu sehen, in welcher Weise der Ernteertrag von einem Hektar in einer Zeitspanne sich entwickelt hat, in der wir eine starke Entwicklung der Intensität in der Landwirtschaft haben.

Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Handbuch der Politik – Band 2. Dr. Walther Rothschild, Berlin und Leipzig 1914, Seite 373. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Handbuch_der_Politik_Band_2.pdf/389&oldid=- (Version vom 24.10.2021)